Mai 21, 2025 | Mietrecht

Baulärm in der Nachbarschaft ein Grund zur Mietminderung?

Besonders im innerstädtischen Bereich ist das Vorhandensein einer Baustelle (Neubau oder Sanierung) in der Umgebung einer Mietwohnung sehr wahrscheinlich. Nicht selten versuchen Mieter diesbezüglich Mietminderungen durchzusetzen. Hierzu lässt sich ganz klar sagen: Durch Baulärm in der Nachbarschaft liegt noch lange kein Mangel der Mietsache (der Wohnung) vor, sofern der Lärm nicht vom eigenen Grundstück des Vermieters ausgeht. Der Mietvertrag beinhaltet zumeist den (einwandfreien) Ist-Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der Anmietung.

Bedingte Aufklärungspflicht durch Vermieter

Baulärm, der von einem Nachbargrundstück oder von öffentlichen Maßnahmen (z. B. Straßenbau) ausgeht, stellt in der Regel noch keinen Mangel im Sinne von § 536 BGB dar.

Hat der Vermieter beispielsweise bei Vertragsabschluss bereits Kenntnis von (bevorstehenden oder bereits begonnenen) Baumaßnahmen oder möglichen Beeinträchtigungen der Wohnqualität des künftigen Mieters, so ist er dazu verpflichtet, dies dem Mieter mitzuteilen. Sollte er dies nicht tun, so wird es im Umkehrschluss für den Mieter nicht unbedingt einfach, diese Kenntnis im Nachhinein nachzuweisen. Er müsste eine Unterlassung der Informationsgabe als Täuschung beweisen können.

Grundsätzlich gilt, dass Vermieter generell keinen Einfluss auf Immissionen im Umfeld einer vermieteten Immobilie haben können. Genauso wenig sind sie für Niederschlagsmengen oder Sonnenstunden zu belangen. Lärmbelästigung ist im städtischen Bereich ohnehin ein wesentlich häufigerer Faktor, als im ländlichen Wohnumfeld. Dort stören sich Menschen eher an Geruchsbildung durch umliegende Viehställe oder Rauchbildung durch häufige Grillfeste in der Nachbarschaft…

Rechtsprechung

Kammergericht Berlin, Urteil vom 17.09.2020 (Az. 8 U 1006/20):

  • Erleichterte Mietminderungsrechte für Mieter (Lärmprotokolle und detaillierte Angaben zu den Lärmquellen nicht erforderlich)
  • Zuspruch einer festen Minderungsquote für die Dauer des Bauvorhabens

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.02.2012 (Az. VIII ZR 155/11):

  • eine konkrete Darlegung der Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache genügt (Sachmangel)
  • § 536 Abs. 1 BGB tritt folglich ein (Minderungsrecht durch Mieter)

§ 536 BGB oder § 535 BGB (Vertragspflichten)

  • regelt Vertragsflichten und -rechte im Mietrecht

§ 242 BGB:

  • Die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben begründen ebenfalls eine Aufklärungspflicht des Vermieters

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Offenbarungs- und Aufklärungspflicht für Vermieter dann besteht, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität für die Mieter besteht (Baumaßnahmen im Umfeld der Mietsache, die nachweislich starken Lärm oder Erschütterungen verursachen). In diesem Fall können Mieter eine Minderung der Miete für den Zeitraum der Baumaßnahme ohne ausschweifende Nachweise und Beweismittel verlangen.

Befindet sich in der Nähe der Wohnung beispielsweise ein Schulhof oder ein Sportplatz, so ist keine besondere Aufklärungspflicht für den Vermieter gegeben, da hierbei ein regelmäßiger Lärmpegel standardmäßig zu erwarten ist. Ortsübliche Lärmquellen müssen grundsätzlich durch Mieter hingenommen werden, da Vermieter hierfür nicht verantwortlich zu machen sind. Grundsätzlich sind Mieter selbst dafür verantwortlich, sich über die Umgebung der Mietsache zu informieren und bei Zweifeln über möglicherweise bestehende Lärmimissionen gezielt nachzufragen.

Wichtig

Wir von der Kanzlei Streich & Wittke empfehlen Ihnen als Mieter eindringlich, nicht eigenmächtig und vorschnell zu handeln. Um sich als Mieter nicht der Gefahr einer Kündigung auszusetzen, sollten Sie rechtssicher vorgehen und die formalen „Spielregeln“ einhalten. Konkrete Tipps zur Vorgehensweise bei Mietminderung durch Baulärm erfahren Sie bei uns, sprechen Sie uns gerne an.

Unser Tipp

Jeder Mensch empfindet Geräusche bzw. Lärm individuell unterschiedlich als „störend“. Ein vorübergehender Lärm durch eine Baumaßnahme ist kein Dauerzustand, vorbeifahrende Autos oder Straßenbahnen beispielsweise schon. Jemand, der sich durchgehend in einer Wohnung aufhält, ist Geräuschen durch die Umgebung folglicherweise anders und öfter ausgesetzt, als Personen, die tagsüber nicht zu Hause sind (externe Berufstätigkeit) und lediglich den Nachmittag und die Nacht, sowie das Wochenende zu Hause verbringen. Ein Wohnen und Leben in der Stadt ist nicht mit dem auf dem Land in einem kleinen Dorf zu vergleichen. Dieser Grundsatz ist unumstößlich und sollte von jedem beherzigt werden.

Wir von der Kanzlei Streich & Wittke raten: Legen Sie als Mieter gesteigerten Wert auf absolute Ruhe oder einen unverbauten Blick ins Grüne, so sollten Sie dies bei der Anmietung einer Immobilie unbedingt kundtun. Sie können auch versuchen, dies per schriftlicher Vereinbarung mit dem Vermieter zu manifestieren. Ob dieser sich jedoch darauf einlassen wird, ist fraglich. Eine Erwartungshaltung des Mieters allein begründet noch lange keine stillschweigende Vereinbarung.

Weiterführende Informationen

Hier können Sie sich umfassend zum Thema Mietminderung informieren.

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

Mietrecht

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