Dez. 8, 2025 | Mietrecht

Mietminderung ankündigen – muss der Vermieter zustimmen?

Konkretes Fallbeispiel

Ein Mieter teilt seinem Vermieter schriftlich mit, dass er beabsichtigt, eine Mietminderung ab sofort vorzunehmen. Er hat gründlich recherchiert, um wieviel Prozent er mindern darf, führt die Minderungsgründe (Mängel) umfangreich auf und belegt diese mit Nachweisen (Fotos).

Was uns Mandanten gefragt haben

Muss der Vermieter auf diese Information (Ankündigung der beabsichtigten Mietminderung) reagieren oder nicht? Bedeutet eine Nicht-Reaktion seitens des Vermieters automatisch eine „konkludente Annahme“ und eine Minderung durch den Mieter ist dann automatisch rechtskräftig? Falls der Vermieter reagieren muss, welche Zeit / Frist hat er dann?

Muss der Vermieter auf die angekündigte Mietminderung reagieren?

Klare Antwort: Nein, der Vermieter muss nicht reagieren. Eine Nicht-Reaktion bedeutet keine konkludente Zustimmung und entfaltet keine rechtliche Wirkung zugunsten des Mieters. Der Vermieter kann schlicht schweigen – dies gilt nicht als Anerkenntnis.
Konkludente Willenserklärungen setzen ein Verhalten voraus, aus dem ein Rechtsbindungswille hervorgeht. Bloßes Schweigen ist im Zivilrecht grundsätzlich bedeutungslos (Ausnahmen: im Handelsrecht & bei besonderen Vereinbarungen).

Rechtslage zur Mietminderung

Der Anspruch auf eine Minderung der Miete entsteht gesetzlich, nicht durch Zustimmung des Vermieters. Der Vermieter muss also nicht reagieren, eine Frist zur Reaktion gibt es folglich nicht.

Ursachen von Schimmel in Mietwohnungen

Schimmel in der Wohnung ist ein häufiges Problem und kann erhebliche gesundheitliche Risiken verursachen. Ursachen können sowohl im Nutzerverhalten als auch in baulichen Gegebenheiten liegen. Feuchtigkeit entsteht häufig durch falsches Lüften, hohe Luftfeuchtigkeit oder unzureichende Luftzirkulation. Ebenso begünstigen mangelhafte Dämmung, Wärmebrücken, undichte Dächer oder Leitungen sowie falsch eingesetzte Fenster Schimmelbildung.

Pflichten des Mieters (§ 536c BGB)

Der Mieter ist verpflichtet, Schimmel unverzüglich anzuzeigen. Unterlässt er diese Anzeige oder meldet er sie verspätet, kann dies zu Konsequenzen führen: Verlust des Minderungsrechts, Schadensersatzansprüche nach § 536a BGB und Verlust des Rechts auf außerordentliche Kündigung.
Der Mieter muss den Zeitpunkt und Inhalt der Anzeige nachvollziehbar dokumentieren. Das Zurückbehaltungsrecht (§ 320 BGB) besteht zwar unabhängig von einer Anzeige, kann jedoch erst nach der Anzeige sinnvoll und rechtssicher ausgeübt werden.
Der Mieter muss plausibel darlegen, dass er richtig gelüftet/geheizt hat.

Pflichten des Vermieters (§ 535 BGB)

Der Vermieter ist verpflichtet, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dazu gehört die fachgerechte Beseitigung des Schimmels und dessen Ursache. Bauliche Gegebenheiten sind nur dann ein Mangel, wenn trotz zumutbaren Heiz- und Lüftungsverhaltens Schimmel entsteht.
Bei Streit muss der Vermieter zunächst darlegen und beweisen, dass keine baulichen Mängel vorliegen. Erst danach muss der Mieter sein eigenes Verhalten darlegen.

Mietminderung und Zurückbehaltungsrecht

Mietminderung und Zurückbehaltungsrecht sind zwei unterschiedliche Instrumente mit unterschiedlicher Funktion und Reichweite. Viele Mieter denken, Zurückbehaltungsrecht = Mietminderung. Das ist falsch.

Die Mietminderung (§ 536 BGB)

Schimmel ist ein Sachmangel. Eine Mietminderung tritt automatisch ein, sobald ein erheblicher Mangel besteht. Voraussetzungen:

• Der Mangel beeinträchtigt die Tauglichkeit der Wohnung erheblich.
• Der Mangel wurde unverzüglich angezeigt (§ 536c BGB).
• Der Mieter kannte den Mangel bei Vertragsschluss nicht (§ 536b BGB).

Die Höhe der Minderung richtet sich nach der Intensität des Mietmangels.

Baulich bedingter Schimmel führt häufig zu Minderungen von etwa 10–20 %.

Hinweis: Die Minderungsquote hängt immer vom Einzelfall ab und kann auch deutlich höher oder niedriger liegen. Die Bemessung hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab und sollte nicht „pauschal über den Daumen“ angesetzt werden.

Das Zurückbehaltungsrecht (§ 320 BGB)

Das Zurückbehaltungsrecht ist ein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht und im Mietrecht durchaus anwendbar.

Es wird als Druckmittel genutzt, um den Vermieter zur schnellen Mangelbeseitigung anzuhalten und führt nicht zu einer dauerhaften Mietreduzierung. Die einbehaltene Miete muss nach Beseitigung des Mangels unverzüglich nachgezahlt werden.

Wichtig zu wissen:

Das Zurückbehaltungsrecht darf nur im angemessenen Verhältnis zum Mangel ausgeübt werden (BGH).

Die Rechtsprechung bewegt sich oft bei 1,5-facher bis 3-facher Minderungsquote als zulässige Obergrenze für das Zurückbehaltungsrecht.

Beispiel:
Minderung 10 %, Zurückbehaltungsrecht evtl. 15–30 %.

Nachbesserung / Fristsetzung bei Schimmel

Der Mieter muss dem Vermieter eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung setzen. Ohne Fristsetzung ist eine Selbstvornahme nach § 536a Abs. 2 BGB regelmäßig ausgeschlossen. Das Zurückbehaltungsrecht dient als Druckmittel, muss aber maßvoll ausgeübt werden.

Praktische Tipps für Mieter

• Sofortige schriftliche Anzeige mit Datum
• Fotos, Klima- und Geruchsprotokolle
• Zeugen, Dokumentation, Atteste
• Zugang ermöglichen
• Frist setzen
• Maßnahmen erst nach Fristablauf

Risiken

Einseitige Willenserklärung / eigenmächtige Mietminderung

Die Mietminderung tritt zwar automatisch ein, dennoch trägt der Mieter das Risiko des Zahlungsverzugs, wenn sich herausstellt, dass kein anspruchsbegründender Mangel vorlag oder der Mieter den Schimmel selbst verursacht hat.

Zahlungsverzug und Kündigung

Bei einer unberechtigten Minderung droht Verzug, was den Vermieter zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigen kann.

Unangemessenes Zurückbehaltungsrecht

Eine Einbehaltung der Miete vor der Mängelanzeige an den Vermieter ist rechtlich unwirksam. Auch nach der Anzeige darf das Zurückbehaltungsrecht nur in angemessenem Umfang ausgeübt werden. Pauschale oder überzogene Einbehalte lehnt die Rechtsprechung ab.

Fazit

Wir raten Mietern davon ab, vorschnell und unberechtigt die Miete zu mindern oder einzubehalten. Sie riskieren einen unberechtigten Zahlungsverzug und somit möglicherweie eine Kündigung durch den Vermieter. Informieren Sie sich umfassend über Ihre Rechte und die rechtssichere Vorgehensweise, bevor Sie tätig werden. Treten Sie offen und zeitnah an Ihren Vermieter heran, bestenfalls mit aussagekräftigen Dokumenten und Fotos. Wir empfehlen, die Mängelanzeige und die beabsichtigte Mietminderung in Textform zu übermitteln. Im Falle einer Briefsendung beachten Sie bitte die Zustellung mit einem Nachweis. Eine E-Mail ist ebenfalls zulässig (hier können Sie mit der Anforderung einer Lesebestätigung auf Nummer sicher gehen). Dies untermauert in Beweisfragen Ihre Vorgehensweise und fixiert Termine und Fristen.

Rechtsprechung
BGH, 05.12.2018 – VIII ZR 67/18 und VIII ZR 271/17:
• Wärmebrücken allein stellen keinen Mangel dar.
• Entscheidend ist, ob die Wohnung bei zumutbarem Heiz- und Lüftungsverhalten schimmelfrei gehalten werden kann.
• Starre Vorgaben zum Lüften sind unzulässig. Jeder Fall ist individuell.

Nützliche Paragraphen
§§ 535, 536, 536a, 536b, 536c BGB
§ 320 BGB (Zurückbehaltungsrecht)
§ 543 Abs. 3 BGB (fristlose Kündigung bei Gesundheitsgefahr)

Weiterführende Links
Mietrecht – Die Mietminderung (SKO)
Blogbeitrag „Schimmel in Mietwohnungen“ (SKO)

Zu guter Letzt…

Wir bedanken uns bei unserem Co-Autor Modud Ahmed für die Mitgestaltung dieses Blogbeitrages!

Bildnachweis: AdobeStock_163291031

Autor: Finn Streich

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