Sep 4, 2024 | Werkvertragsrecht

Dienstvertrag oder Werkvertrag?

„Wo Sie grad schon einmal da sind, könnten Sie bitte auch noch schnell…?“

Ein alltägliches Fallbeispiel

Ein Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer „spontan“ (quasi auf Zuruf) damit, bestimmte Leistungen an seiner Immobilie durchzuführen. Meistens ergibt sich eine solche Situation aus einem bereits bestehenden Auftrag heraus, wenn der oder die Handwerker ohnehin an der Immobilie tätig sind.

In einem konkreten Fall ging es um die Ausführung von Holzbauarbeiten, die im Rahmen von Sanierungsarbeiten an unterschiedlichen Stellen des Hauses zusäzlich zu erbringen waren. Ein konkretes Leistungsverzeichnis oder eine ähnliche Beschreibung dessen, was der Auftragnehmer zu erbringen hatte, gab es hierbei nicht. Das Ganze wurde „relativ locker“ abgewickelt.

Als der Auftragnehmer nach Ende seiner Tätigkeiten dem Auftraggeber seine Rechnung vorlegte, verweigerte dieser die Zahlung mit dem Argument, die Leistungen seien erstens mangelhaft und im Übrigen fehle es an einer Abnahme. Es kam zum Rechtsstreit.

Das zuständige Gericht kam später zur Feststellung, dass es sich vorliegend eher um einen Dienstvertrag als um einen Werkvertrag zwischen den Parteien gehandelt habe. Der Auftraggeber musste also trotz der verweigerten Abnahme den Handwerker bezahlen.

Dienstvertrag und Werkvertrag unter der Lupe

Der Unterschied zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag stellt eine Thematik dar, für die sich der juristische Laie normalerweise nicht interessiert, zumal ihm die unterschiedlichen Auswirkungen dieser Vertragstypen nicht bekannt sind. Spätestens jedoch im Streitfalle über eine fällige Vergütung spielt es eine erhebliche Rolle, um welche Vertragsart es sich zwischen den Parteien handelt.

Kurz gefasst liegt der Unterschied zwischen den beiden Vertragstypen darin, dass bei einem Dienstvertrag nur ein Tätigwerden durch den Auftragnehmer geschuldet wird, wohin gehend bei einem Werkvertrag ein bestimmter Erfolg seiner Arbeitsleistung geschuldet ist.

Legt man als Vertragsbeziehung zwischen den Beteiligten also einen Dienstvertrag zu Grunde, ist die Forderung des Auftragnehmers fällig, wenn er seine Dienste erbracht hat.

Würde man die vertragliche Beziehung zwischen den Parteien als Werkvertrag einschätzen, käme es entscheidend darauf an, ob eine Abnahme der Leistungen des Auftragnehmers durch den Auftraggeber stattgefunden hat. Ohne Abnahme wird die Vergütung des Auftragnehmers nicht fällig.

Beispiele für Dienstverträge

§ 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die Erbringung einer Dienst-/ Arbeitsleistung gegen eine definierte Vergütung (Stundenlohn oder Pauschale)

  • Arbeitsverträge
  • Behandlungsverträge
  • Mobilfunkverträge
  • Unterrichtsverträge
  • Dienstleistungsverträge (Haushaltshilfe, Gartenarbeit, Service,…)

Beispiele für Werkverträge

§ 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die Herstellung eines bestimmten Werks, die Veränderung einer Sache oder ein andersartig geschuldeter Erfolg der erbrachten Leistung gegen eine definierte Vergütung (Stundenlohn oder Pauschale) nach Abnahme durch den Auftraggeber

  • Fliesenlegerauftrag (z.B. Badezimmerfußboden)
  • Terrassenbau (z.B. Naturstein, 25qm, Einfassung, Fugengröße)
  • Friseurauftrag (z.B. Stufenschnitt, Farbsträhnchen in hellblond, Herstellung von Locken)
  • Malerarbeiten mit klar definierter Zielvorgabe (z.B. Wandfarbe grau, Stuckarbeiten an den Zimmerdecken)
  • Reparatur eines Gerätes (Veränderung einer Sache)
  • Gutachtenerstellung (Dienstleistung mit Ziel/ Ergebnis)
  • individuelle Maßanfertigungen (Schneiderei, o.Ä.)

Vorsicht bei spontan beauftragten Leistungen ohne schriftlichen Vertrag!

Bei Fällen wie einer eingangs beschriebenen „spontan“ beauftragten Leistungserbringung „auf Zuruf“ sollte man zumindest eine kleine handschriftliche Notiz erstellen und von der Gegenseite unterzeichnen lassen, um das Vorliegen eines Werkvertrages dokumentieren zu können. Eine rein mündliche Abmachung kann spätestens zum Zeitpunkt der Entlohnung zu Streitigkeiten führen und erschwert eine nötige Beweisführung sehr.

Finn Streich, Rechtsanwalt

Streich & Kollegen
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Der Vorgängerbeitrag wurde erstmalig im Jahr 2022 bei Anwalt.de veröffentlicht und im September 2024 vollumfänglich aktualisiert.

Autor: Finn Streich

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