Gefahren bei der Rückabwicklung
Auch bei Abschluss von Werkverträgen besteht für Unternehmer und Handwerker stets die Gefahr, dass die Verträge von den Kunden widerrufen werden können. Dies trifft regelmäßig dann zu, wenn der Auftraggeber ein Verbraucher ist (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, § 355 BGB). Ein Werkvertrag ist hierbei jeder Vertrag, den ein Handwerker oder Installateur mit seinem Kunden schließt. Dieser kann beispielsweise Ein- oder Umbaumaßnahmen, die Installation von Geräten oder die Montage einer Heizungsanlage enthalten.
Das Widerrufsrecht besteht immer dann, wenn ein Vertrag außerhalb der Geschäftsräume eines Unternehmers geschlossen wird, das heißt auf der Baustelle mündlich vereinbart, per Handschlag oder schriftlich unterschrieben. Auch, wenn der Kunde ein Angebot formuliert oder eine Vorgehensweise vorschlägt, die dann später vom Unternehmer oder Handwerker in dieser Form ausgeführt wird- das Widerrufsrecht besteht auch hier. Eine fehlende Widerrufsbelehrung durch Auftragnehmer ist ein weiterer „Widerrufsjoker“ für Auftraggeber.
Die Falle in der Praxis vermeiden
Ein kritischer Punkt in diesem Zusammenhang ist, wenn der Unternehmer zuvor mit dem Kunden über den Auftrag (telefonisch) gesprochen hat, der Unternehmer zwecks Aufmaß in die Wohnung des Kunden fährt und im Anschluss daran der Auftrag mündlich erteilt wird. Hier treffen den Unternehmer erhebliche Aufklärungspflichten, die bei Nichtbeachtung dazu führen, dass das Widerrufsrecht des Vertrages nicht nur 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB) beträgt, sondern sich auf eine Dauer von 12 Monaten und 14 Tagen verlängert.
Zur Vermeidung des Widerrufsrechts des Kunden (Verbrauchers) gilt daher folgendes:
- Niemals den Vertragsschluss direkt beim Kunden vollziehen
- Vor-Ort-Angebote von Kunden nicht unverändert annehmen
- Angebote oder Auftragsbestätigungen nach vorheriger Ortsbegehung im Nachgang schriftlich übersenden
- Zumindest erheblich über den Vertragsinhalt und die Möglichkeit des Widerrufs (inkl. Folgen eines Widerrufs) aufklären, sodass lediglich das Widerrufsrecht von 14 Tagen besteht (Art 249 § 3 EGBGB – Einzelnorm)
- den Erhalt und die Kenntnisnahme einer vollumfänglichen Widerrufsbelehrung durch den Auftraggeber schriftlich bestätigen lassen
Die Folgen des Widerrufs
Die Folgen eines Vertragswiderrufs sind die Rückgewährung der erhaltenen Leistungen (§ 355 Abs. 3 BGB), sodass der Unternehmer seinen erhaltenen Werklohn zurückerstatten muss. Im Gegenzug muss der Kunde die erhaltenen Bauleistungen und Materialien an den Unternehmer zurückgeben, soweit möglich. Soweit dies unmöglich ist, muss der Kunde einen Wertersatz an den Unternehmer leisten.
Besonderheiten bei der Rechtsprechung
Am 06. Juli 2023 entschied der Bundesgerichtshof in einem Rechtstreit zum Thema Widerruf mit seinem Urteil (VII ZR 151/22) zugunsten des Unternehmers. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass lediglich die Auftragsannahme am Folgetag außerhalb der Geschäftsräume erfolgte, das Angebot jedoch am Vortag innerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers besprochen wurde. Somit lag hierbei kein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag“ gemäß
§ 312b BGB vor, ein Widerrufsrecht bestand nicht. Die maßgeblilchen Vertragsverhandlungen fanden nicht außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers statt. Ob es sich um einen rechtmissbräuchlichen Versuch durch die Auftraggeber handelte, sich durch eine Widerrufserklärung der Zahlungspflicht zu entziehen, belassen wir spekulativ dahingestellt.
Wer in der Praxis am häufigsten von den Folgen eines Widerrufs betroffen ist
Die meisten Handwerksbetriebe beginnen mit einer Besichtigung der geplanten Baustelle bei dem Kunden, um dessen Vorstellungen und Wünsche zu besprechen. Hier werden die bauseitigen Möglichkeiten festgestellt und ggf. bereits ein Aufmaß erstellt. Auf Basis dieser Daten erfolgt eine Angebotserstellung mit der Bitte um Auftragserteilung. Hier liegt somit der typische Fall eines „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages“ gemäß § 312b BGB vor.
Aus unserer Erfahrung der alltäglichen Beratungspraxis heraus lassen sich folgende Handwerksgruppen als „vom Widerruf gefährdet“ benennen:
- Heizungsbauunternehmen, Sanitärbetriebe (Modernisierungen, Reparaturen, Heizungsbau)
- Malerfachbetriebe, Lackierunternehmen (Fassadenarbeiten oder Innenanstriche)
- Zimmereien, Tischler- und Schreinerunternehmen (individuelle Maßanfertigungen wie Möbel, Küchen, Türen oder Treppen)
- Fachbetriebe im Bereich Außenarbeiten- und Gestaltung (Terrassenbau, Garten- und Landschaftsbau, Pflasterarbeiten)
- Dachdeckerfirmen (Neueindeckung, Reparatur von Sturmschäden, Abdichtung, Dämmung)
- Elektroinstallateure (PV-Anlagenbau, Wallboxen für E-Mobilität, Smart-Home-Systeminstallation)
Weiterführende und hilfreiche Seiten für Unternehmer
Werkvertragsrecht für Unternehmer – So sichern sich Unternehmer ab