Jan 16, 2024 | Privates Baurecht

Insolvenz Bauträger

Die Bau- und Immobilienwirtschaft in der Krise

Das Wichtigste kurz und knapp vorab

  • Der Insolvenzantrag kann von jedem Baubeteiigten gestellt werden, wenn konkrete Fakten für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen

  • Eine offene Kommunikation zwischen den Vertragspartnern ist ratsam und unerlässlich – insbesondere über qualifizierte Dritte (Rechtsanwalt & Insolvenzverwalter)

  • Keinesfalls sollten Auftraggeber im Falle einer Insolvenz des Bauträgers vorschnell vom Bauvertrag zurücktreten, da Ansprüche sonst verloren gehen.

  • Beauftragen Sie nicht vorschnell ein anderes Unternehmen mit der Fertigstellung der Immobilie (Ersatzvornahme). Sprechen Sie unbedingt vorher mit dem Insolvenzverwalter, damit Ihnen keine zusätzlichen Kosten entstehen oder Ansprüche verloren gehen.

  • Eine Gemeinschaft aus mehreren Gläubigern im gleichen Insolvenzfall kann zusammen eine Kanzlei mit der rechtsberatenden Insolvenzbegleitung beuaftragen. Das spart Aufwände und Kosten.

Die Bauträgerinsolvenz – Ein Überblick

Die deutsche Bau- und Immobilienwirtschaft steckt in einer handfesten Krise. Die Kosten laufen aus dem Ruder, Projekte werden gestoppt und Bauunternehmen melden reihenweise Insolvenz an. Gleichzeitig sinken zwar die Immobilienpreise, die Mietpreise erreichen jedoch ungeahnte Höhen. Die Spannungen am Immobilienmarkt nehmen also weiter zu.

Viele – auch große – Bauträger bzw. Bauträgergesellschaften geraten in Zahlungsschwierigkeiten und müssen Insolvenz anmelden. Development Partner, die Project-Gruppe, Euroboden, GERCHGROUP, die Düsseldorfer Centrum-Gruppe und auch die im Raum Stuttgart agierende Paulus Wohnbau GmbH sind nur einige namenhafte Projektentwickler bzw. Bauträger, die bereits Insolvenz anmelden mussten.

Dies hat weitreichende Folgen für Bauherren, die sich mit Hilfe eines Bauträgers den Wunsch eines Eigenheims erfüllen wollten. Im Falle einer Insolvenz ist zunächst guter Rat teuer. Bei einer Insolvenz stellen sich viele komplizierte Rechtsfragen für die Betroffenen. Wichtig für Bauherren ist vor allem, in solchen Situationen Ruhe zu bewahren und sich entsprechend Rechtsbeistand einzuholen.

In diesem Beitrag soll dargestellt werden, was Bauherren bei einer Insolvenz des Bauträgers unternehmen können und welche rechtlichen Möglichkeiten ihnen zustehen.

Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass sich dieser Beitrag mit der Insolvenz von Bauträgern befasst. Die Situation einer Insolvenz, beim Bau mit einem Generalunternehmer auf einem eigens erworbenen Grundstück weist hier erhebliche Unterschiede auf. Auf diesen Themenbereich sind wir bereits in einem gesonderten Beitrag eingegangen (siehe hier: https://sko.legal/baufirma-insolvent/).

Was versteht man unter einem Bauträger?

Zuerst muss eine grundsätzliche Frage geklärt werden: wer oder was genau ist ein Bauträger? Im Zuge der Modernisierung des Werkvertragsrechts wurden die §§ 650a ff. BGB neu gefasst und ergänzt. Innerhalb dieses Regelwerks ist in § 650u BGB der Bauträgervertrag hinzugefügt und definiert worden. Nach § 650u Abs. 1 BGB ist ein Bauträgervertrag „ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen (…).“

Der Bauträger ist demnach verpflichtet, zum einen das Eigentum an einem Grundstück zu verschaffen oder ein Erbbaurecht zu übertragen und zum anderen ein Bauwerk darauf zu errichten oder umzubauen. Laienhaft ausgedrückt verkauft der Bauträger ein Grundstück an den Erwerber und baut auf dem Grundstück ein Haus. Hierbei gilt jedoch die Besonderheit, dass zunächst der Bauträger das Eigentum an dem Grundstück behält. Das heißt, die Erwerber zahlen zunächst kräftig auf ein fremdes Grundstück.

Warum sind derzeit so viele Bauträger insolvent?

Die Gründe, warum seit letztem Jahr vermehrt Bauträger zahlungsunfähig sind, sind vielfältig. „Pleite“ bedeutet im juristischen Sinne die Insolvenz, sprich die Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers. Aufgrund der hohen Inflation sind Material-, Energie- und Gerätekosten stark angestiegen. Die veranschlagten Kosten reichen im Ergebnis nicht, die laufenden Kosten zu decken. Infolgedessen verschulden sich die Bauträger bis zu dem Punkt der Zahlungsunfähigkeit. Auf die Zahlungsunfähigkeit folgt die Insolvenz.

Was passiert, wenn ein Bauträger in die Insolvenz geht?

Der Fall ist eingetreten: Der Bauträger ist zahlungsunfähig. Welche Folgen diese Situation für den Bauträger in dem Falle der Zahlungsunfähigkeit hat, wird nachfolgend erläutert:

a) Vorläufiges Insolvenzverfahren

Stellt der Bauträgerunternehmer o. auch ein Dritter einen Insolvenzantrag, so kann das Insolvenzgericht von Amts wegen oder aufgrund eines bestellten Sachverständigen ein vorläufiges Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bauträgers anordnen.

Das vorläufige Insolvenzverfahren umfasst also nur den Zeitraum zwischen Eingang des Insolvenzantrags und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch einen Gerichtsbeschluss. In diesem Verfahren geht es primär um die Sicherung der potenziellen Insolvenzmasse sowie der Wahrung bzw. der Bewertung von Sanierungschancen.

b) Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Mit Eröffnungsbeschluss durch das Insolvenzgericht beginnt das Insolvenzverfahren gegen den Bauträger. Dieser verliert mit Eröffnungsbeschluss die Befugnis, Verfügungen über das Vermögen des Unternehmens vorzunehmen. Ab diesem Zeitpunkt kümmert sich ein vom Insolvenzgericht bestellter Insolvenzverwalter um die Geschäfte des Bauträgerunternehmens. Dieser stellt die Insolvenzmasse fest und teilt diese unter den Gläubigern auf.

c) Insolvenz in Eigenverwaltung

Anders als bei der herkömmlichen Insolvenz kann auch das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ablaufen. Der wesentliche Unterschied zur „normalen“ Insolvenz liegt darin, dass der Geschäftsführer des Bauträgerunternehmens weiterhin Verfügungsgewalt und Finanzhoheit über die Geschäftsführung innehat und das Unternehmen selbst saniert.

Der Bauträger verabschiedet einen Sanierungsplan, der konkret die Ziele und Änderungen beschreibt, um so aus der Insolvenz herauszukommen. Für ein Bauträgerunternehmen ist diese Möglichkeit von Vorteil. Der Bauträger kann selbst einen Plan herausarbeiten und bleibt in selbstständiger Weise handlungsfähig.

Wer ist mein Ansprechpartner in der Insolvenz?

In diesem Fall kommt es darauf an, ob ein Fall der Eigenverwaltung oder der Regelinsolvenz gegeben ist. Liegt ein Fall der Insolvenz in Eigenverwaltung vor, bleibt Ihr Bauträger auch Ihr Ansprechpartner.

Im Fall der Regelinsolvenz ist dies anders. Hier ist Ihr Ansprechpartner der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter, welcher in der Regel dann auch das eröffnete Insolvenzverfahren begleiten wird.

Ein weiterer Ansprechpartner sollte die Hausverwaltung – sofern schon eine solche im Amt ist – sein.

Bauträger insolvent – Können auch Bauherren oder andere Dritte den Insolvenzantrag stellen?

Bei der Insolvenz des Bauträgers kann auch der Bauherr oder ein anderer Dritter (z.B. ein Subunternehmer, der auf sein Geld wartet) einen Insolvenzantrag als Gläubiger des Bauträgers stellen. Nach § 14 Abs. 1 InsO kann der Bauherr dann einen Antrag stellen, „wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht.“

Die Forderung des Dritten muss durchsetzbar sein und im Falle der Antragsstellung schlüssig dargestellt werden. Des Weiteren muss die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Bauträgers als Eröffnungsgrund mit der schlüssig dargestellten durchsetzbaren Forderung glaubhaft gemacht werden.

Insolvenz des Bauträgers – Welche Sicherheiten habe ich als Gläubiger?

Dies hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab. In den meisten Fällen ist die einzige vereinbarte Sicherheit eine Auflassungsvormerkung. Diese sichert den Anspruch auf Übertragung des Eigentums, welcher mit dem Kaufvertrag entstanden ist. In der Theorie sind auch Bürgschaften, etc. als Sicherheiten denkbar. Allerdings sind diese in der Praxis nicht relevant. Welche Sicherheiten vorliegen, muss im Einzelfall überprüft werden.

Bauträgerinsolvenz – welche Schritte sind jetzt wichtig?

a)           Zunächst sollte mit allen Beteiligten Kontakt aufgenommen werden. Wichtig ist auch die eigene Bank zu informieren (s.o.).

b)          Der Bauten- und Zahlungsstand sollte durch einen Gutachter festgestellt werden. Diese Feststellungen sind u.a. notwendig, um einen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums (Grundbucheintragung bzw. Auflassung) zu prüfen.

c)           Wichtig ist auch -wenn möglich- Kontakt zu weiteren Erwerbern (z.B. über die Hausverwaltung) aufzubauen um als mögliche „Schicksalsgemeinschaft“ sprichwörtlich „an einem Strang zu ziehen“. Hier muss auch beachtet werden, dass es nach einer Insolvenz möglicherweise darauf ankommen kann, mit den anderen Erwerbern gemeinsam das Bauvorhaben fertigstellen zu lassen.

d)          Wichtig! Bitte nicht voreilig handeln und vom Vertrag zurücktreten. Im Falle eines Rücktritts wäre eine vereinbarte Vormerkung und damit der Anspruch auf Eigentumsübertragung verloren. Die Vormerkung ist das einzige Druckmittel gegenüber der Bauträgerbank und auch die einzige Sicherheit für die Erwerber.

Was kostet es, wenn ich mich in einem Insolvenzverfahren von einem Anwalt unterstützen lasse?

Pauschal kann diese Frage nicht beantwortet werden. Dabei gilt stets zu unterscheiden, ob eine Honorar- oder Pauschalvereinbarung mit dem Rechtsanwalt getroffen wurde oder ob der mandatierte Rechtsanwalt nach den Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) abrechnet.

Ist zwischen dem Rechtsanwalt und dem Bauherrn/Bauträger eine Honorar- oder Pauschalvereinbarung getroffen worden, so kann der Rechtsanwalt das vereinbarte Honorar oder die Pauschale verlangen.

In nicht wenigen Fällen vertreten wir im Falle von Bauträgerinsolvenzen sogenannte Bauherrengemeinschaften. Dieser Zusammenschluss von mehreren privaten Bauherren hat den Vorteil, dass eine gemeinsame Rechtsbegleitung durch einen Anwalt/ eine Kanzlei möglich ist und die Kosten des gemeinsamen Vorgehens gleichmäßig verteilt werden können.

Erfolgt die Abrechnung zwischen den Mandanten und dem Rechtsanwalt nach den gesetzlichen Gebührentatbeständen des RVG, so sind bei der Berechnung der Kosten die im Folgenden aufgeführten Gebührentatbestände zu beachten:

a) Gegenstandswert

Der Gegenstandswert bestimmt sich demnach, ob der Bauherr (=Gläubiger) oder Bauträger (=Schuldner) vertreten wird. Während sich die Gebühr für den Gegenstandswert des Bauherrn aus §§ 22, 23 RVG ergibt und sich aus der Forderung richtet, ergibt sich die Berechnung des Gegenstandwerts für den Schuldner aus der Insolvenzmasse nach § 28 RVG.

b) Außergerichtliche Vertretung

In diesem Stadium kann der Anwalt die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG verlangen. In diesem Stadium sind die Gebührentatbestände der Nr. 3313 ff. VV RVG nicht anzuwenden.

c) Eröffnungsverfahren

Ab Eröffnungsverfahren des Insolvenzverfahrens kann der Anwalt die Gebühren nach Nr. 3313 bis Nr. 3321 VV RVG verlangen. Der Rechtsanwalt kann beim Tätigwerden für den Schuldner eine Gebühr nach Nr. 3313 VV RVG verlangen. Wird dieser für den Gläubiger tätig, so kann dieser nur eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3314 VV RVG verlangen. Bei außergerichtlicher Tätigkeit des Rechtsanwalts wird diese Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) den entstandenen Gebühren angerechnet.

d) Insolvenzverfahren

Während des Insolvenzverfahrens kann der Rechtsanwalt die Gebühr nach Nr. 3317 VV RVG verlangen. Des Weiteren sind noch, je nach Konstellationen, weitere Gebührentatbestände zu berücksichtigen.

Wie lange dauert eine Insolvenzabwicklung?

Eine genau vorgegebene Länge des Insolvenzverfahrens ist gesetzlich nicht geregelt. Daher ist die Frage der Insolvenzabwicklung stets eine Einzelfallfrage. Je nach Umfang des Unternehmens und der zu ermittelnden Insolvenzmasse kann sich das Insolvenzverfahren dementsprechend in die Länge ziehen.

Nach unseren Erfahrungen beträgt die Firmeninsolvenzabwicklung in der Regel zwischen sechs Monaten bis zu 3 Jahren. Wie schon erwähnt kann dies auch länger dauern, da gewisse Faktoren eine Rolle spielen. Aber für eine grobe Einschätzung kann dieser Zeitraum herangezogen werden. Im Baurecht kann das Insolvenzverfahren analog zur der Gewährleistungsfrist ab Abnahme auch 5 Jahre dauern.

Für was haftet der Bauträger?

Die Insolvenz des Bauträgers bedeutet nicht, dass der Bauherr ohne Rechte dasteht. Auch nach der Insolvenz haftet der Bauträger für seine Verpflichtungen aus dem Bauträgervertrag. Beispielsweise sind Gewährleistungsansprüche auch nach der Insolvenz des Bauträgers einforderbar, wenn das Bauwerk mangelhaft ist.

Die Gewährleistungsansprüche sind Insolvenzforderungen und können beim Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet werden. Hier möchten wir Ihnen jedoch mitteilen, dass die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen im Insolvenzverfahren äußerst schwierig ist.

Wie lange muss ein Bauträger haften?

Grundsätzlich richtet sich die Haftungsdauer des Bauträgers nach den vertraglichen Vereinbarungen. Daher ist es wichtig, den konkreten Bauvertrag zu prüfen, um festzustellen, ob dort spezifische Regelungen zur Haftungsdauer getroffen worden sind. Im Zweifelsfall kann eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt für Bau- und/oder Insolvenzrecht weiterhelfen.

Wurde keine vertragliche Regelung bezüglich der Haftungsdauer getroffen, richtet sich diese nach dem Gesetz.

Die Frage, wie lange ein Bauträger haften muss, hängt zunächst davon ab, wann seine Gewährleistungsfrist beginnt und wann sie endet. Sie beginnt mit der Abnahme des Bauwerks. Die Abnahme ist der Zeitpunkt, zu dem der Bauherr das Haus als im Wesentlichen vertragsgemäß hinnimmt.

Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich fünf Jahre. Bei Anwendbarkeit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (kurz VOB) hingegen beträgt die Frist nach § 13 Abs. 4 VOB / B vier Jahre. Im Falle eines arglistig verschwiegenen Mangels kann sich die Haftungsdauer auch auf insgesamt bis zu zehn Jahre nach der Bauabnahme erstrecken.

Lesen Sie HIER mehr zum Thema Gewährleistung im Baurecht.

Bekanntmachungen / Insolvenztabelle

Wünschenswert wäre zwar eine frühzeitige Kommunikation möglicher Zahlungsschwierigkeiten durch den Bauträger. Oftmals aber unterbleibt diese.

Der Bauherr hat die Möglichkeit sich über die Insolvenz des Bauträgers in den Insolvenzbekanntmachungen (im Internet abrufbar unter: https://neu.insolvenzbekanntmachungen.de/ap/) zu informieren. In diesen Veröffentlichungen findet er Informationen über laufende und beantragte Insolvenzverfahren von Unternehmen.

Die Insolvenztabelle dient dazu die Forderungen der Gläubiger gegen den Bauträger amtlich aufzunehmen, damit diese im Insolvenzverfahren Berücksichtigung finden. Offene Forderungen gegen den Bauträger (z.B. wegen Überzahlung) müssen rechtzeitig angemeldet werden, damit diese in die Insolvenztabelle aufgenommen werden.

Bauträger insolvent – Wer stellt mein Haus fertig?

Hier kommt es insbesondere darauf an, ob der Insolvenzverwalter die Verträge fortführt oder die Vertragserfüllung aufgrund der Insolvenz ablehnt. Diesbezüglich hat der Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO ein Wahlrecht.

Sie dürfen dabei nicht einfach andere Bauunternehmen mit der Fertigstellung beauftragen. Ihr Vertrag besteht noch und ist auch durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens nicht plötzlich unwirksam. Zunächst ist daher der Insolvenzverwalter zu kontaktieren. Erst nachdem dieser von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, dürfen Sie ggf. andere Bauunternehmen mit der Fertigstellung beauftragen.

Kommt es zu einer Einstellung des Betriebs und einer Ablehnung der Fortführung der Verträge durch den Insolvenzverwalter, wird es zu keiner Fertigstellung durch den Bauträger kommen. Theoretisch ist dann eine Fertigstellung auf eigene Kosten, eine sogenannte Ersatzvornahme, denkbar. Die hierbei entstehenden Kosten sind erstattungsfähig und können zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Dass die durch die Ersatzvornahme entstandenen Kosten dann tatsächlich in voller Höhe erstattet werden, ist unwahrscheinlich, da nach einer Insolvenz allenfalls eine quotale Befriedigung der Gläubiger erfolgt.

Ein direkter Anspruch gegen die Handwerker steht den Erwerbern grundsätzlich nicht zu, denn hier ist kein vertragliches Verhältnis gegeben. Ein solches Verhältnis besteht nur zwischen dem Bauträger und den Handwerkern. Auch können die Handwerksunternehmen offene Rechnungen grundsätzlich nicht gegenüber den Erwerbern geltend machen.

Die Vollendung des Bauvorhabens durch den Insolvenzverwalter hängt von der Sicherstellung der Weiterfinanzierung durch die Bauträgerbank oder die Erwerber ab. Dies erfolgt in der Regel durch den Abschluss einer Fortführungsvereinbarung zwischen den Erwerbern, der Bauträgerbank und dem Bauträger.

Die Entscheidung darüber, ob eine Fertigstellung oder Einstellung erfolgt, ist im Wesentlichen eine wirtschaftliche. Der Insolvenzverwalter muss dabei die Risiken von potenziellen Mängelansprüchen und eine möglicherweise erheblich verzögerte Beendigung des Insolvenzverfahrens berücksichtigen. Die Entscheidung für die Fertigstellung gestaltet sich daher in der Regel als herausfordernd.

Wer ist Gläubiger im Insolvenzverfahren des Bauträgers?

Im Insolvenzverfahren eines Bauträgers gibt es verschiedene Gläubiger, die Ansprüche gegenüber dem insolventen Unternehmen geltend machen können. Zu den typischen Gläubigern eines Bauträgers im Insolvenzverfahren gehören Erwerber (Bauherren/ Käufer), Arbeitnehmer, Subunternehmer, andere Dienstleister, Lieferanten, Banken und andere Vertragspartner.

Was passiert bei einer Gläubigerversammlung?

Die Gläubigerversammlung bietet den Gläubigern die Möglichkeit, Einfluss auf den Verlauf des Insolvenzverfahrens auszuüben. Sie wird vom Insolvenzgericht zu verschiedenen Terminen gemäß § 74 InsO einberufen. Diese Einberufung kann nach § 75 Abs. 1 InsO auch auf Antrag des Insolvenzverwalters, des Gläubigerausschusses, bestimmter einzelner Gläubiger oder einer Anzahl von Gläubigern erfolgen.

Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung ist nicht verpflichtend, jedoch sind Beschlüsse, die in Abwesenheit eines Gläubigers gefasst werden, auch für diesen bindend.

Die Gläubigerversammlung hat das Recht, vom Insolvenzverwalter detaillierte Auskünfte und einen Bericht über den aktuellen Stand zu verlangen. Sie kann auch den Geldverkehr und -bestand des Insolvenzverwalters prüfen, sofern kein Gläubigerausschuss bestellt wurde.

Die Gläubigerversammlung trifft entscheidende Beschlüsse, darunter die Bestätigung oder den Ersatz des bestellten Insolvenzverwalters, die Einsetzung eines Gläubigerausschusses, die Entscheidung über die Stilllegung oder Fortführung des insolventen Unternehmens, die Zustimmung zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters (sofern kein Gläubigerausschuss bestellt ist), wie etwa die Erhebung einer Klage mit erheblichem Streitwert, sowie die Zustimmung zur Veräußerung des Unternehmens oder eines Betriebes.

Insolvenz eines Bauträgers: Wie kann man sich im Vorfeld schützen?

Es existiert zwar keine universelle Absicherung gegen die Insolvenz eines Bauträgers, jedoch können Sie als Bauherren im Voraus einige Vorkehrungen treffen, mit denen Sie sich absichern. Es ist ratsam, sich gründlich über den Bauträger (durch z.B. eine Wirtschaftsauskunftei) zu informieren.

Hierbei kann es einen erheblichen Unterschied machen, ob ein Bauträger bereits seit mehreren Jahrzehnten am Markt agiert oder eine kleine Bauträgergesellschaft allein für Ihr Bauvorhaben gegründet wurde. Hier hilft oftmals ein Blick in das Handelsregister. Eine solche Auskunft kann unter Umständen mit einigen Kosten verbunden sein, die jedoch im Vergleich zu potenziellen Verlusten immer noch minimal sind.

Es gibt keinen allgemeinen Vertrag, der für alle Situationen geeignet ist. Die Verträge sollten individuell angepasst und vereinbart sein. Es ist empfehlenswert, einen Rechtsanwalt für Baurecht hinzuzuziehen, der Ihre Interessen schützt. Besonders wichtig ist die genaue Festlegung von Fristen und Konsequenzen bei Vertragsverletzungen. So können beispielsweise Vertragsstrafen für Verzögerungen vereinbart werden. Die Vorsorge kostet zwar zusätzliches Geld im Vorfeld, aber erspart Ihnen im Ernstfall erhebliche Kosten und Nerven.

Wichtig! Lassen Sie den Bauträgervertrag vor der Unterzeichnung vom einem Anwalt überprüfen. (Infos zur Prüfung Bauträgervertrag HIER)

Im Falle einer Insolvenz Ihres Bauträgers stehen wir Ihnen mit unserer Erfahrung und unserem Expertenteam zur Seite und finden für Sie die beste Lösung. Jetzt heißt es schnell zu reagieren, also zögern Sie nicht und vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin. Mit unseren Standorten in Stuttgart (Süd) und Hamburg (Nord) beraten wir Sie deutschlandweit. 

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

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