Sep 13, 2024 | Immobilienrecht

Rückabwicklung Immobilienkauf

Inhalt

Einleitung: Kann man generell einen Hauskauf wieder rückgängig machen?

Gemäß der Gesetzeslage haben sowohl Eigentümer als auch Kaufinteressenten bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages das Recht, vom Immobilienverkauf bzw. Kauf Abstand zu nehmen. Dies ergibt sich aus § 311 b BGB: „Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung.“

Das Bekunden eines ernsthaften Interesses an der Immobilientransaktion allein verpflichtet noch keine Partei zur Wahrnehmung des Notartermins, selbst dann nicht, wenn dieser bereits vereinbart wurde. Das bedeutet, dass bis hin zur Unterzeichnung des Kaufvertrages das volle Risiko vorhanden ist, dass der Eigentumsübergang der Immobilie kurzfristig „platzt“.

Nach dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages hingegen sieht die Lage etwas anders aus. Zwar besteht grundsätzlich die Möglichkeit, eine Immobilientransaktion durch eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung beider Parteien rückgängig zu machen und die entstandenen Kosten gleichmäßig zu verteilen. Dieser Fall ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen und Kostenaufwände äußerst unwahrscheinlich.

Für einen einseitigen Rücktritt vom Kaufvertrag einer Immobilie seitens Käufer oder Verkäufer bedarf es jedoch eines wichtigen, sehr triftigen Grundes. Auf diesen Fall gehen wir nachfolgend genauer ein.

Das allgemeine Rücktrittsrecht bei einem Immobilienkaufvertrag

Vertragliches Rücktrittsrecht

Grundsätzlich steht es den Parteien eines Immobilienkaufvertrages frei, ein vertragliches Rücktrittsrecht bereits im Kaufvertrag zu vereinbaren. Dieses wird in der Praxis häufig an Bedingungen oder bestimmte Auflagen geknüpft, die von beiden Parteien oder wenigstens einer der Parteien erfüllt werden müssen. Dies können beispielsweise sein:

  • Aushändigung vertraglich definierter Objektunterlagen
  • vollständige Räumung der Immobilie
  • Nachweis über Beseitigung von Altlasten
  • Nachweis einer Finanzierungsbestätigung

Sofern der Bedingungseintritt nicht erfolgt, steht in diesem Fall der jeweils anderen Partei ein Rücktrittsrecht zu.

Gesetzliches Rücktrittsrecht

Das gesetzliche Rücktrittsrecht besteht regelmäßig dann, wenn eine der beteiligten Parteien die geschuldete Leistung überhaupt nicht erbringt oder nicht vertragsgemäß erbringt.

HINWEIS: Es besteht ein gravierender Unterschied zwischen einem Immobilienverkauf „von Privat an Privat“ und dem Verkauf durch eine gewerbliche Partei an einen Verbraucher. In diesem Fall besteht ein 14-tätiges Widerrufsrecht vom Kaufvertrag, was bei einem Privatverkauf einer gebrauchten Immobilie regelmäßig ausgeschlossen ist (gekauft wie gesehen).

Vertragliche Verpflichtungen bei einem Immobilienverkauf

Käufer

Der Käufer einer Immobilie ist dazu verpflichtet, den vertraglich vereinbarten Kaufpreis zum vereinbarten Zeitpunkt zu entrichten.

Verkäufer

Der Verkäufer einer Immobilie ist dazu verpflichtet, den Kaufgegenstand frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Außerdem unterliegt er der vollständigen Offenbarungs- und Hinweispflicht hinsichtlich wertbildender Eigenschaften der Immobilie. Dazu gehören neben einem möglichen bestehenden Denkmalschutz auch die Information über genutzte, aber ggf. nicht genehmigte Wohnflächen innerhalb der Immobilie.

!!! Die Informationspflicht seitens Verkäufer besteht grundsätzlich und hat auch ohne Nachfrage des Käufers proaktiv zu erfolgen. Die Missachtung dieser vorvertraglichen Aufklärungspflicht kann im Nachgang als sog. „Arglistige Täuschung“ bewertet werden und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dazu an anderer Stelle mehr.

Wann ist eine Rückabwicklung vom Hauskauf möglich?

Vor dem Notartermin

Um einen anberaumten Notartermin kurzfristig absagen zu können, bedarf es keinerlei triftiger Begründungen seitens der absagenden Partei. Hierdurch allein werden noch keine Schadensersatzansprüche für die Gegenpartei ausgelöst. Lediglich beim Vorliegen einer schwerwiegenden und vorsätzlichen Treuepflichtverletzung kann die Rechtsprechung für die Gegenseite ansetzen. Ein Beispiel dafür könnte ein vorgetäuschter Wille zum Vertragsabschluss sein, der tatsächlich nicht (mehr) gegeben ist.

HINWEIS: Behält sich der Verkäufer vor, vom Hausverkauf Abstand zu nehmen, weil er einen höheren Kaufpreis mit einem anderen Vertragspartner erzielen kann, so handelt es sich hierbei NICHT um eine vertragliche Treuepflichtverletzung (BGH Urteil V ZR 11/17). Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn der Käufer bereits einen Darlehensvertrag für den Hauskauf abgeschlossen hat. Das Risiko verbleibt einzig und allein beim Käufer.

Nach dem Notartermin

In diesem Fall stützt sich eine rechtwirksame Rückabwicklung der Immobilientransaktion auf die oben aufgeführten Gründe von erheblichen Vertragsverletzungen seitens einer Partei oder das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht bei Vorliegen definierter Voraussetzungen.

Ein Rücktrittsrecht für Käufer ergibt sich lediglich aus dem Vorhandensein erheblicher und/oder unbekannter Mängel an der Immobilie. Dieser Fall ist besonders bei gebrauchten und älteren Immobilien in Betracht zu ziehen. Da bei einem solchen Verkauf zumeist ein Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag enthalten ist, ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung oder Instandsetzung regelmäßig ausgeschlossen.

Welche Gründe sprechen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag einer Immobilie?

  • Vertragsverletzung
  • Betrug/ Arglist/ Täuschung/ Verschweigen elementarer Informationen
  • Nichtzahlung der Kaufpreissumme zum vereinbarten Zahlungsziel (Termin)

Wie funktioniert eine Rückabwicklung vom Kaufvertrag einer Immobilie?

Vorgehensweise nach Abschluss des Kaufvertrages

  1. Rechtsbeistand nehmen!
  2. Abgabe der schriftlichen Willenserklärung zum Rücktritt unter Benennung der Gründe an die Gegenseite
  3. Schriftliche Beantragung der Rückabwicklung beim Notar (Hierbei handelt es sich um einen notariell zu beurkundenden Rückabwicklungsvertrag)
  4. Ankündigung der Geltendmachung von (Schadensersatz-)Forderungen unter Fristsetzung an die Gegenseite

Risiken

  1. Gegenseite bestreitet Vorwürfe (was zu erwarten ist)
  2. Gegenseite lehnt Forderungen anwaltlich ab
  3. Ein zäher Rechtsstreit setz sich in Gang, der Zeit und Geld fordert
  4. Bis zur (Auf-) Lösung des Rechtsstreits bleibt der Geschädigte auf seinen Kosten „sitzen“ und trägt ggf. sein existenzielles Risiko allein
  5. Es mangelt an Beweisfähigkeiten
  6. Ein gerichtliches Urteil spricht dem Kläger nur teilweise Entschädigung zu oder überhaupt nicht mangels Beweislast

Tätigkeiten eines Anwalts

  1. Umfassende Beratung zu bestehenden Möglichkeiten und Vorschläge zur Vorgehensweise
  2. Hilfe bei der Beweisaufnahme
  3. Geltendmachung von Ansprüchen (außergerichtlich und gerichtlich)
  4. Sämtliche Korrespondenz mit der Gegenseite/ dem Rechtsbeistand der Gegenseite, möglichen Dritten (Sachverständige, Rechtsschutzversicherung) und dem zuständigen Gericht (Klageerhebung)

Welche Konsequenzen zieht eine Hauskauf-Rückabwicklung nach sich?

Maklerprovision

Hierbei stellt sich konkret die Frage, ob die Aktivitäten des Maklers mittelbar oder unmittelbar im Zusammenhang mit dem Rücktrittsgrund stehen. Handelt es sich beispielsweise um arglistige Täuschung durch Verschleierung von vorhandenen schwerwiegenden Mängeln an der Immobilie, von denen der Makler Kenntnis hatte, so wird der Makler sich zumindest mitverantworten müssen. Die Rückzahlung einer bereits erhaltenen Maklerprovision ist hierbei das eine, weitere Schadensersatzforderungen durch den Käufer sind hierbei das andere.

HINWEIS: Ein Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag setzt nicht automatisch auch mögliche Ansprüche gegenüber dem involvierten Immobilienmakler in Kraft. Bei einem vorliegenden Maklervertrag muss dieser im Zusammenhang mit der Rückabwicklungsaktivität gesondert geprüft und auf mögliche Rückforderungsansprüche der Provision rechtlich bewertet werden.

Findet ein Rücktritt einer Partei vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages statt, so verweisen wir erneut auf die Rechtslage, die besagt, dass jede Partei jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Eigentumsübergang Abstand nehmen darf. Das bedeutet für den Makler, dass es für ihn nun auf die Regelungen zur Kostentragung innerhalb seines Maklervertrages ankommt (Maklertätigkeiten, Vermarktungskosten, Erstellung Maklervertrag und Exposé,…).

Notarkosten

Die Notarkosten bei einem Immobilienkauf können durchaus -je nach Vereinbarung- von beiden Parteien zu tragen sein, üblich ist es jedoch, dass der Käufer einer Immobilie die Notarkosten zahlt. Somit kann dieser die geleisteten Aufwendungen bei einem berechtigten Rücktritt auch vom Verkäufer ersetzt verlangen.

Die Kosten des Notarvertrages, für dessen Erstellung der Notar im Voraus beauftragt wurde, belaufen sich stets prozentual anteilig am Verkaufswert der Immobilie. Für die Kosten des Vertragsentwurfes kommt der Auftraggeber in voller Höhe auf, ungeachtet dessen, ob der vorliegende Notarvertrag nun final unterzeichnet wurde oder nicht.

Bankdarlehen

Ein bewilligtes Bankdarlehen für den Zweck des Erwerbs einer bestimmten Immobilie lässt sich nicht einfach an die Bank zurückgeben und der Kreditnehmer ist somit „fein raus“. Die Verbindlichkeiten sind fixiert, die Laufzeiten und die vereinbarte Tilgung bestehen. Tritt der Kreditnehmer, also der Käufer der Immobilie vom Immobilienkauf nun zurück, so ist der Zeitpunkt des Rücktritts maßgebend. Bestenfalls findet dieser innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss (Bewilligung), also dem Widerrufsrecht-Zeitraum statt. In den meisten Fällen treten die Gründe (arglistig verschwiegene Mängel am Objekt) jedoch erst später auf. Dann bleibt entweder eine Rückabwicklung des Kreditvertrages unter Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung oder eine Vertragsänderung auf den Erwerb einer anderen Immobilie, sofern man diese bereits in der Zwischenzeit finden konnte. Der Verkäufer muss dann die erhaltene Kaufsumme plus Zinsen und ggf. die Vorfälligkeitsentschädigung als Schadensersatzleistung erbringen.

Gemäß § 489 BGB können Kreditnehmer einen Darlehensvertrag ansonsten zehn Jahre nach der Vollauszahlung ihres Darlehens mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ordentlich kündigen.

Grundbucheintragung

Die Löschungsbewilligung ist zumeist Sache des Verkäufers. Die Grundbucheintragung jedoch wird vom Käufer getragen. Oftmals finden jedoch Löschung und Eintragung beim Grundbuchamt in einem Gang statt und gehen zu Lasten des Käufers der Immobilie. Diese Aufteilung ist vertraglich verhandelbar und lässt sich von den beteiligten Vertragspartnern im Kaufvertrag frei gestalten.

Bei einer Rückabwicklung wird erneut ein notarieller Vertrag geschlossen, der wiederum eine erneute Änderung dieser Grundbucheinträge auslöst.

Begonnene Bauleistungen (Aufträge)

Findet der Rücktritt vom Kaufvertrag durch den Käufer statt, nachdem dieser bereits mit (Um-)Bauleistungen begonnen oder sogar Unternehmer mit Arbeiten an der Immobilie beauftragt hat, so kann er auch diese Kosten vom Verkäufer ersetzt verlangen. Voraussetzung hierfür ist ebenfalls der triftige Grund für seinen Vertragsrücktritt, also die arglistige Täuschung bzw. das Verschweigen schwerwiegender Mängel an der Immobilie.

In diesem Fall zieht sich die Kette bin hin zu den Forderungen des Unternehmers gegen den Bauherrn (Käufer der Immobilie) durch, der seinen entgangenen Gewinn bei Stornierung der Beauftragung als Schadensersatz geltend machen wird. Diese würde man ebenfalls vom Verkäufer ersetzt verlangen und somit die Zahlungsverpflichtung „weiterreichen“.

Anwaltskosten

Zunächst gilt der Grundsatz, dass derjenige, der einen Rechtsanwalt beauftragt, diesen auch bezahlen muss. Hierbei spielt auch das Vorhandensein einer Rechtschutzversicherung und der Leistungsumfang der Police eine Rolle. Je nach Verlauf und Ausgang des Mandats können außergerichtliche Einigungen erzielt werden, was aber bei diesen Summen eher unwahrscheinlich ist.

Im gerichtlichen Verfahren entscheidet das Urteil über die zu leistenden Schadensersatzforderungen und ein Unterliegen verpflichtet zur Kostentragung der Gerichtskosten, der eigenen Anwaltskosten und denen der Gegenseite.

HINWEIS: Bei arglistiger Täuschung durch den Verkäufer sind auch die Anwaltskosten des Käufers durch den Verkäufer innerhalb der Schadensersatzforderungen zu tragen!!!

HINWEIS: Ein solches Verfahren kann sich über einen sehr langen Zeitraum hinziehen und kostet alle Beteiligten viel Geld und Nerven. Es wird sicherlich mehrere Beweisaufnahmen durch Gutachter, Zeugenaussagen und Termine geben. Lassen Sie sich im Vorfeld rechtlich gut beraten und fragen Sie nach konkreten Handlungsvorschlägen und Erfolgsaussichten.

Was fällt alles unter arglistige Täuschung beim Immobilienverkauf?

  • Fläche, die vom Interessenten bei Besichtigungen als Wohnfläche wahrgenommen wird, jedoch lediglich Nutzfläche ist (bewohntes Dachgeschoss oder Kellerräume als nicht genehmigte Wohnfläche)
  • Das Verschweigen von bestehendem Denkmalschutz
  • Das Verschweigen oder Bagatellisieren erheblicher Baumängel (Feuchtigkeits-, Wasserschäden, Hausschwamm, Schädlingsbefall, defekte Elektroleitungen, Altlasten im oder am Gebäude wie Asbest, etc.)
  • Das Verschweigen von Nutzungsrechten Dritter an oder in der Immobilie (dem Käufer unbekannte Mieter, Wege- oder Grundstücksrechte von Dritten)

HINWEIS: Als Käufer unterliegt man der Beweislast, dass der Verkäufer Kenntnis von vorhandenen Mängeln oder Auflagen hatte und diese „arglistig“ verschwieg. Die Beweislast kann durch gewichtige Indizien erbracht werden. Ob die erbrachten Indizien als Beweismittel ausreichen, um ein Vorliegen einer Arglist zu belegen, entscheidet der zuständige Richter, sofern sich der Rechtsstreit nicht außergerichtlich lösen lässt.

Wie lange ist eine Rückabwicklung des Kaufvertrages einer Immobilie möglich?

Sofern ein Widerrufsrecht im notariellen Kaufvertrag vereinbart wurde, haben beide Vertragsparteien die Möglichkeit, OHNE Benennung der Gründe den Vertrag innerhalb 14 Tage nach Vertragsabschluss zu widerrufen. Dies ist jedoch bei Privatverkäufen regelmäßig ausgeschlossen und lässt sich oftmals nur auf gewerbliche Transaktionen anwenden.

Sollten nach dem Kauf einer Immobilie schwerwiegende Mängel entdeckt werden, die zum Zeitpunkt des Kaufes nicht offensichtlich waren (also möglicherweise eine arglistige Täuschung seitens des Verkäufers vorliegen), so muss der Käufer gemäß § 438 BGB innerhalb von drei Jahren nach dem Entdecken dieser Täuschung aktiv werden, um eine Verjährung seiner Ansprüche zu verhindern.

Bestehen im Falle einer Immobilientransaktion Gewährleistungsansprüche, so müssen diese beim Vorliegen von Sach- oder Rechtsmängeln innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden, da ansonsten gemäß § 438 Abs. 2 BGB eine Verjährung droht.

Was kostet eine Rückabwicklung vom Immobilienkauf ?

Bei einer gewerblichen Immobilientransaktion besteht nach vollständiger Vertragserfüllung kein Widerrufsrecht mehr. Erfolgt hingegen innerhalb der Frist von 14 Tagen ein Widerruf, dann wird der Immobilienkauf rückabgewickelt. Hierfür fallen keine zusätzlichen Kosten an.

Besteht hingegen kein Widerrufsrecht (Privatverkauf), so können die Kosten für eine Rückabwicklung möglicherweise die Kosten des Kaufpreises deutlich übersteigen.

Wer trägt die Kosten für eine Hauskauf – Rückabwicklung?

Handelt es sich nicht um eine einvernehmliche Rückabwicklung unter gleichteiliger Kostentragung durch die beteiligten Parteien, so lässt sich diese Frage immer mit einem umfangreichen Rechtsstreit beantworten. Jede der beiden Seiten wird versuchen, zu ihrem Recht zu gelangen, um nicht auf den Kostenbergen sitzen zu bleiben. Bestenfalls wird man versuchen, den Kaufpreis plus weitere Schadensersatzforderungen von der Gegenseite zu verlangen.

Komme ich aus meinem Bankdarlehen bei der Rückabwicklung wieder raus?

Die besonderen Umstände können einen Austritt aus einem Darlehensvertrag ermöglichen. Entweder findet dieser innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist statt oder zu einem späteren Zeitpunkt unter Zahlung der vertraglich vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigung. In diesem Fall ist der Gewinner eindeutig die Bank, betragen diese Vorfälligkeitsentschädigungen oftmals schwindelerregende Höhen. Eine ordentliche Kündigung eines Immobilienkredits ist durch den Kreditnehmer ansonsten nach 10 Jahren ab Vollauszahlung des Kreditbetrages möglich.

Wer hat bei einer Rückabwicklung Kaufvertrag Immobilie Ansprüche auf Schadensersatz?

Sofern dem Käufer die eingangs erwähnten triftigen Gründe für einen Rücktritt vom Kaufvertrag der Immobilie vorliegen, hat er bei einer Rückabwicklung möglicherweise einen Anspruch auf Ersatz aller aufgebrachten Aufwendungen und Investitionen.

Jedoch auch Verkäufer haben unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Rückabwicklung und/ oder Schadensersatz, beispielsweise, wenn der Käufer die Kaufpreissumme nicht wie vertraglich vereinbart entrichtet.

HINWEIS: Grundsätzlich haben zunächst beide Parteien einer Immobilientransaktion ein Recht auf Schadensersatzleistungen durch die Gegenseite. Für eine rechtliche Bewertung ist hier der konkrete Einzelfall (die Gründe für eine Rückabwicklung) entscheidend.

Welchen Schadensersatz kann man bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag für ein Haus geltend machen?

Folgende Positionen lassen sich für mögliche Schadensersatzansprüche heranziehen:

  • Kaufpreis
  • Bankdarlehensrückabwicklung (plus Vorfälligkeitsentschädigung)
  • Maklerprovision
  • Notar- und Grundbuchkosten
  • Anwaltskosten & Gerichtskosten
  • Umzugskosten & Wohnungssuche
  • Fahrtkosten & sonstige Aufwände
  • Umbau-/ Renovierungskosten (auch beauftragte Handwerker)

HINWEIS: Ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss ist bei arglistiger Täuschung unwirksam und kommt nicht zur Anwendung!!! Liegen Sach- und/oder Rechtsmängel an der Immobilie vor, haftet der Verkäufer und kommt bestenfalls mit Nachbesserungen/ Reparaturkosten oder einer Kaufpreisminderung davon. Auch kann der getäuschte Käufer eine vollständige Rückabwicklung des Immobilienkaufs vom Verkäufer verlangen plus Schadensersatz.

Was wir als Kanzlei Streich & Kollegen grundsätzlich empfehlen

Eine Feststellung des Umfangs vorhandener Mängel sollte von einem Bausachverständigen/ Gutachter durchgeführt werden. Wir empfehlen ebenfalls die begleitende Rechtsberatung durch einen Anwalt. Unbedingt vermeiden sollten getäuschte Käufer einer Immobilie vorschnelle Handlungen im Alleingang, um das Risiko eines Scheiterns im Rechtsstreit zu mindern.

Rückabwicklungen von Immobilientransaktionen sind für uns keine Seltenheit. Profitieren Sie von unserem umfassenden Erfahrungsschatz und vertrauen Sie auf unsere tatkräftige Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.

Unsere Expertentipps vor dem Vertragsabschluss beim Hauskauf

Gehen Sie sorgsam mit dem Thema „Hausverkauf“ um und treffen Sie keine vorschnellen Entscheidungen. Nehmen Sie sich Zeit, um den Vertragspartner kennenzulernen und die geplanten Abläufe zu strukturieren. Interagieren Sie gemeinsam an dem Interesse, die Immobilie zu übertragen. Ein eiliger Verkauf oder Vertragspartner, die Sie zeitlich unter Druck setzen, sind von vornherein mit Vorsicht zu genießen.

Ein gesunder Menschenverstand und ein respektvoller Umgang ist beiderseits von Vorteil, besonders hinsichtlich des Rücktrittsrechts jeder Partei bis hin zur Unterzeichnung des Notarvertrages.

Nicht selten springen Verkäufer kurzerhand ab, wenn die Kaufinteressenten versuchen, das Objekt „madig“ zu machen, um den Preis noch nach unten zu drücken. Auch persönliche Befindlichkeiten spielen oftmals eine entscheidende Rolle, sollte doch ein Elternhaus nicht im Beisein des Noch-Eigentümers durch die potenziellen Käufer diffamiert werden.

Eine Kaufpreisanzahlung durch den Käufer gibt Ihnen als Verkäufer ein geringes Maß an Sicherheit, dass eine Ernsthaftigkeit am Kaufinteresse vorhanden ist. Diese würde im Falle eines Rücktritts VOR dem Notartermin nicht erstattungspflichtig sein.

Käufer hingegen können zu ihrer Sicherheit mit dem Verkäufer einen Vorvertrag aufsetzen, der mögliche Sicherheiten beinhaltet.

Unsere Expertentipps bezüglich der Notarkosten

Bestenfalls einigen sich die Parteien auf eine gemeinsame Beauftragung des Notars und tragen die Kosten des Vertragsentwurfes anteilig, sollte die Abwicklung nicht stattfinden. Das schafft eine gewisse Verbindlichkeit auf beiden Seiten und birgt etwas gegenseitiges Vertrauen.

Unsere Expertentipps für Immobilienmakler

Handeln Sie nicht im eigenen Namen und beauftragen Sie nicht vorschnell einen Notar, sondern lassen Sie sich von beiden Parteien schriftlich bestätigen, dass Sie in deren Interesse agieren. Weisen Sie explizit darauf hin, dass Sie selbst nicht für einem Verkaufsabbruch haften, sondern die Auftraggeber. An dieser Stelle weisen wir auf einen rechtssicheren Maklervertrag hin, den wir gerne für Sie erstellen, um finanzielle Risiken bei Ihrem Handeln auszuschießen.

Unsere Expertentipps für Käufer bezüglich Finanzierung

Hier lässt sich eindeutig sagen: Holen Sie sich vor der notariellen Beurkundung zunächst eine Finanzierungszusage von der Bank und schließen Sie den Darlehensvertrag erst NACH dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages ab (BGH vom 13.10.2017 – V ZR 11/17 Rn. 15).

Beachten Sie ebenfalls, dass Sie als Käufer gegenüber einem Kreditinstitut als Verbraucher auftreten und nach dem Vertragsabschluss noch ein 14-tägiges Widerrufsrecht genießen.

Urteile zum Thema „Rückabwicklung Immobilienkauf“

Nachfolgend haben wir für Sie einige beispielgebende Urteile, die mit arglistigem Verschweigen, Treuepflichtverletzung, Informationspflichten, u.A. im Zusammenhang stehen, zusammengestellt.

BGH v. 13.10.2017 (Az. VZ R 11/17) (Treuepflichtverletzung)
[…] „a) Es stellt keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung des (potentiellen) Verkäufers eines Grundstücks dar, wenn er – bei wahrheitsgemäßer Erklärung seiner Abschlussbereitschaft – dem Kaufinteressenten nicht offenbart, dass er sich vorbehält, den Kaufpreis zu erhöhen. Eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen scheidet deshalb aus.“

„b) Der (potentielle) Verkäufer haftet auch dann nicht auf Schadensersatz, wenn er zu einem Zeitpunkt Abstand von dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrages nimmt, zu dem er weiß, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages bereits einen Finanzierungsvertrag abgeschlossen hat.“ […]

BGH v. 27.10.2023 (V ZR 43/23) (Sachmängel)
[…] „Klärt der Verkäufer eines Hausgrundstückes den Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.“ […] „Arglist setzt nach ständiger Rechtsprechung Eventualvorsatz voraus. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt ebenso wenig wie ein bewusstes Sichverschließen.“ […]

BGH v. 23.06.2023 (V ZR 89/22) (Grenzverlauf Grundstück)
[…] „Weckt der Verkäufer eines Grundstücks bei dem Käufer vor Vertragsschluss falsche – einseitige – Vorstellungen über den tatsächlichen Umfang seines Eigentums oder erkennt er eine entsprechende Fehlvorstellung über den Grenzverlauf, klärt den Käufer aber nicht über den wahren Grenzverlauf auf, fehlt es in aller Regel an einer Einigung über den Verkauf eines scheinbar zu dem Grundstück des Verkäufers zugehörigen fremden Grundstücks. Der Verkäufer kann allerdings wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zum Schadensersatz verpflichtet sein.“ […]

OLG Braunschweig v. 01.11.2018  (9 U 51/17)  (Schädlingsbefall & Feuchtigkeit)
[…] „Hält der Verkäufer einer gebrauchten Immobilie konkretes Wissen darüber zurück, dass ein Mangel tatsächlich besteht, während für ihn erkennbar dem Käufer aufgrund der Besichtigung sich allenfalls ein Mangelverdacht ergeben konnte, so handelt er arglistig und kann sich auf einen vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht berufen.“ […]

BGH v. 20.10.2000 (V ZR 285/99) (Altlasten)
[…] „Sind dem Verkäufer eines Grundstücks Altlasten bekannt, so genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort, wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hätten bekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt.“ […]

BGH v. 15.09.2023 (V ZR 77/22) (Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums)
[…] „Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt daher hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Ob dies aus Verkäufersicht der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa davon, ob und in welchem Umfang der Käufer – wozu er von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist – eine Due Diligence durchführt, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind, welche Vereinbarungen hierzu getroffen wurden, wie wichtig die Information ist, um deren Offenbarung es geht, und wie leicht sie im Datenraum aufzufinden ist.“ […]

BGH v. 23.09.2022 (V ZR 133/21) (Altlasten auf Baugrundstück)
[…] „Die Kläger kauften im Jahre 2017 von der Beklagten ein Grundstück in einem Baugebiet zum Zwecke der Bebauung mit einem Einfamilienhaus unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. […] Die Kläger erhielten von dem für die Beklagte tätigen Makler vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages eine „Plangrundlage“ und einen „Auszug B-Plan“. Nach Bebauung des Grundstücks stellten sie bei der Anlage des Gartens auf dem unbebauten Grundstücksteil eine für einen Kleinbagger undurchdringliche Schicht und Betonreste fest.“ […]

OLG München, Endurteil v. 09.01.2019 (20 U 1016/18)
(Zum Maßstab der Arglist bei einer Kontaminierung des Grundstücks)
[…] „Der Verkäufer eines Grundstücks hat nicht nur Erkenntnisse über eine vorliegende Kontaminierung des Bodens, sondern auch Kenntnisse über Umstände, die den Verdacht einer Kontaminierung begründen können, zu offenbaren. Ein solcher Umstand ist die Tatsache, dass Materialien wie Gleisschotter, Asphalt, Metall u.ä. auf dem Grundstück verfüllt worden sind.  (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)“ […]

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

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