Jun 21, 2022 | Privates Baurecht

Der Bauvertrag Unterschiede zwischen BGB und VOB

Grundsätzlich haben die Vertragsparteien eines Bauvertrages (Auftraggeber und Auftragnehmer) die Möglichkeit, einen Bauwerkvertrag nach VOB oder BGB abzuschließen. Für den juristischen Laien sollten die Unterschiede nicht zwangsläufig auf den ersten Blick erkennbar sein. Aus rechtlicher Sicht betrachtet bestehen doch erhebliche Unterschiede zwischen den Regelungen der VOB und des BGB.

Insbesondere Auftraggeber sollten die Unterschiede kennen, bevor sie einen Vertrag eingehen.

Rechtsnatur und Hintergrund

Soweit die Parteien eines Vertrages nichts anderes vereinbaren, gelten grundsätzlich immer die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Nur für den Fall, dass die Parteien abweichende vertragliche Vereinbarungen wirksam getroffen haben oder ausdrücklich die Regelungen der VOB vereinbaren, gelten diese vorrangig.

Die Regelungen der VOB sind sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), da sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und angewendet werden.

Um die Bestimmungen des BGB wirksam vereinbaren zu können, bedarf es keiner besonderen Vorgehensweise. Die Parteien vereinbaren schlichtweg eine konkrete Leistungserbringung, beispielsweise die Durchführung von Trockenbauarbeiten oder Malerarbeiten. Es finden die Regelungen des BGB Anwendung.

Das Regelwerk der VOB/B wird lediglich dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn diese zuvor ausdrücklich benannt und vereinbart wurden. Es ist darüber hinaus insbesondere bei Verbrauchern erforderlich, dass das Regelwerk der VOB dem Vertragspartner schriftlich übergeben wird. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, wurden die Bestimmungen der VOB nicht wirksam vereinbart, mit der Folge, dass wiederum das BGB gilt.

Ein bloßer Hinweis im Vertrag, dass die Geltung der VOB vereinbart worden sei, genügt für eine wirksame Vereinbarung nicht. Ebenfalls genügt der Hinweis nicht, dass die VOB auf Anfrage zur Verfügung gestellt wird. Notwendig ist eine konkrete Übergabe der Regelungen an den Auftraggeber, insbesondere wenn dieser ein Verbraucher ist.

Bauvertrag nach BGB und VOB – Der Unterschied erläutert

Der Unterschied liegt beispielsweise darin, dass die Mängelrechte im Rahmen des BGB erst nach fünf Jahren nach Abnahme verjähren. Die Verjährungsfrist bei einem VOB-Vertrag endet bereits nach vier Jahren.

Hinsichtlich der Verjährung ist für den Auftraggeber daher ein BGB-Werkvertrag zu empfehlen.

Ein weiterer Nachteil der VOB besteht darin, dass diese für Ungeübte unübersichtlich ist, da zahlreiche Querverweise auf andere Gesetze und Bestimmungen vorliegen.

Im Ergebnis muss jedoch festgehalten werden, dass es zahlreiche Vor- und Nachteile beider Vertragswerke zu benennen gibt.

Dem Auftragnehmer ist zu empfehlen, gegenüber dem Verbraucher lediglich BGB-Verträge zu verwenden. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, die Regelungen der VOB zu vereinbaren.

Bei einem Vertragsschluss mit einem Unternehmer hat der Auftragnehmer die Wahl zwischen der VOB und dem BGB. Wir empfehlen hierbei jedoch ausdrücklich, die VOB lediglich dann anzuwenden, wenn sie auch in Gänze (also vollständig ohne Ausnahmen) vereinbart worden ist – anderweitig besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Anwendung der VOB unwirksam ist, da ein „Rosinen picken“ von der Rechtsprechung nicht gewünscht ist.

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

Privates Baurecht

Soforthilfe vom Rechtsanwalt

Möchten Sie mit einem Anwalt sprechen und sich über Ihre Möglichkeiten informieren oder brauchen Sie eine schnelle rechtliche Beratung? Dann rufen Sie an oder kontaktieren Sie uns an.

Baufirma insolvent

So müssen Bauherren jetzt vorgehen! Nahezu täglich erhalten wir Anfragen von besorgten Bauherren, die kurz vor oder während ihrer Bauphase von der plötzlichen Insolvenz Ihrer Baufirma betroffen sind. In diesem Beitrag möchten wir konkret auf diese neue Situation der...

Die häufigsten Baumängel

Was sind Baumängel? Ob ein Werk mangelhaft ist, kann sich in verschiedenen Ausprägungen zeigen. Das Werk kann aufgrund eines Mangels in der Sache selbst oder aufgrund eines rechtlichen Mangels mangelhaft sein. Der Unternehmer hat jedenfalls die Plicht, dem Besteller...

Widerrufsbelehrung Handwerk

Das passiert, wenn Handwerker ohne Widerrufsbelehrung oder zu schnell mit der Arbeit beginnen In seiner Entscheidung vom 17.5.2023 hat der EuGH die bisherige Rechtsprechung des BGH bestätigt und letzte Zweifelsfragen geklärt: Wenn ein Verbraucher einen außerhalb von...

Bauüberwachung

Objektüberwachung, Bauüberwachung, Bauleitung, Bauoberleitung - Begriffe, die alle dasselbe meinen? Auf Baustellen gibt es ein oberstes Gebot: Mängel gilt es zu vermeiden. Wo Menschen Arbeiten ausführen, passieren Fehler. Dies soll möglichst vermieden werden und das...

Bauvertrag notarielle Beurkundung

Muss der Bauvertrag notariell beurkundet werden? Bauvertrag notarielle Beurkundung: Grundsätzlich unterliegen lediglich Kaufverträge über Immobilien und Grundstücke der Pflicht, nach § 311 b BGB notariell beurkundet zu werden. Auch der Bauträgervertrag, mit dem sich...

Hausbau, Trennung & Scheidung

Liebe, Hausbau und Trennung Die Vorfreude auf das Eigenheim ist groß, doch dann folgt die Ernüchterung: ein Hausbau kann neben der enormen finanziellen Herausforderung auch eine Belastungsprobe für eine Beziehung darstellen. Was ist zu tun, wenn die Beziehung dem...

Insolvenz Baufirma

Der Dienstleistungsnehmer und Bauherr ist auf die Leistungsfähigkeit der beauftragten Baufirma zwecks Umsetzung des Bauvorhabens angewiesen. Was aber, wenn das Bauunternehmen während des Vertragsverhältnisses leistungsunfähig wird und das Bauvorhaben ins Stocken...

Videoüberwachung

Ist Videoüberwachung auf dem eigenen Grundstück erlaubt? Auf öffentlichen Plätzen sieht man immer wieder Überwachungskameras. Oftmals kann man dabei aber einmal einschätzen, ob die installierten Kameras funktionsfähig sind. Nicht alle Überwachungskameras blinken oder...

Bauverzug

Handlungsempfehlungen für Bauherren und Bauunternehmer Eine Übersicht von Rechtsanwalt Finn Streich Dieser Beitrag befasst sich mit einem der häufigsten Probleme auf Baustellen: Dem Bauverzug. Wir zeigen typische Ursachen auf, bieten wertvolle Tipps zur Vermeidung und...

Abschlagszahlungen im Bauträgervertrag

Viele Bauherren schließen mit dem Unternehmer einen sogenannten Bauträgervertrag ab. Bei einem solchen Vertragstyp handelt es sich um Verträge, bei denen sich der Unternehmen zu zwei Hauptleistungen verpflichtet: Die Übertragung des Eigentums am Grundstück und die...