Aug. 11, 2023 | Arbeitsrecht

Urlaubsplanung und Urlaubsanspruch

Ist die Urlaubsplanung in einem Betrieb reine Chefsache?

Das Wichtigste vorab

  • Urlaub in der Probezeit ist grundsätzlich erlaubt
  • Urlaubstage sind genehmigungspflichtig
  • schriftliche Urlaubsanträge sind verbindlicher für beide Seiten
  • Vorgesetzte dürfen Mitarbeiter nur dann den Urlaub verwehren, wenn dringende betriebliche Gründe dafür sprechen
  • Wenn Arbeitnehmer aus dem Urlaub heraus zurück an den Arbeitsplatz zitiert werden, so hat der Arbeitgeber die entstandenen Kosten zu tragen
  • Man darf nicht freiwillig auf Urlaub zugunsten von Geld verzichten – Urlaub dient sinngemäß der Erholung

Erholungsurlaub als Bestandteil des Arbeitsvertrages

Gemäß § 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Dieser Anspruch ist unabdingbar, d.h. er kann im Arbeitsvertrag weder ausgeschlossen noch geschmälert werden. Wer in den Geltungsbereich des BurlG fällt, regelt § 2 BurlG.

Danach sind alle diejenigen Personen als Arbeitnehmer anzusehen, die zunächst einen Arbeitsvertrag (§ 611a BGB) haben und als Arbeiter, Angestellte oder Auszubildende beschäftigt sind. Auch arbeitnehmerähnliche Personen fallen hierunter. Dies sind Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind (§ 2 BUrlG).

Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl an vorgesehenen Urlaubstagen beträgt bei einer Sechs-Tage-Woche 24 Werktage. Hierauf kann also jeder Arbeitnehmer, der in Vollzeit und Teilzeit jeden Arbeitstag arbeitet, bestehen, nachdem er sechs Monate im Arbeitsverhältnis gearbeitet hat. In der Berechnung der Urlaubstage werden Sonn- oder gesetzliche Feiertage nicht mit einberechnet (§ 3 BUrlG). 24 Arbeitstage ergeben damit einen Erholungsurlaub von gesetzlich vorgeschriebenen vier Wochen. Im Arbeitsvertrag kann jedoch eine höhere Anzahl an Urlaubstagen vereinbart werden.

Besteht die Arbeitspflicht an weniger als sechs Tagen, wird die Anzahl der Urlaubstage berechnet, indem der gesetzliche Urlaubsanspruch von 24 Tagen durch sechs geteilt und mit der Anzahl der Arbeitstage multipliziert wird, an denen in der Woche eine Arbeitsverpflichtung besteht. So ergibt sich ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer regelmäßigen Arbeitspflicht an fünf Tagen die Woche.

Darf man innerhalb der Probezeit Urlaub nehmen?

Zu beachten ist, dass der Urlaubsanspruch erst dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis sechs Monate besteht (§ 4 BUrlG). Zuvor kann Erholungsurlaub nicht verlangt werden. Manche Arbeitgeber gewähren jedoch auch innerhalb der Probezeit Urlaubstage. Dies ist abhängig vom Zeitumfang – ein Jahresurlaub von 2 Wochen macht allerdings bereits aus praktischer Sicht in der Probezeit bzw. der Einarbeitungsphase wenig Sinn. Gegen ein paar (einzelne) Tage sollte hier nichts sprechen, hängt aber wie bereits erwähnt vom guten Willen des Arbeitgebers ab.

Wie muss man Urlaub beantragen?

Der Urlaubsanspruch ist gegenüber dem Arbeitgeber offiziell und frühzeitig zu beantragen. Der Arbeitgeber ist mit dem Antrag dazu verpflichtet, den beantragten Urlaubszeitraum festzulegen. Urlaubsabgeltungsansprüche gehen bei fehlendem Antrag nur unter, wenn der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber gezwungen wurde, die ihm zustehenden Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen.

Gesetzliche Formvorschriften, wie der Urlaub zu beantragen ist, bestehen nicht. So kann der Urlaub mündlich oder schriftlich beim Arbeitgeber eingereicht werden. Ebenso kann die Zustimmung durch den Arbeitgeber mündlich oder schriftlich erfolgen. Dies kann in Einzelfällen dann jedoch zu Beweisschwierigkeiten führen, weshalb die schriftliche Abwicklung zu empfehlen ist.

Oftmals bestehen aber auch Muster oder Vorlagen eines Urlaubsantrages in den Unternehmen. Sollten solche nicht bestehen, sind folgende Angaben zu empfehlen:

  • Name, Vorname
  • Anschrift
  • Personalnummer
  • Betreff: Antrag auf Bewilligung von Urlaub
  • Urlaubszeitraum
  • Ggf. Urlaubsanschrift
  • Von wem zur Kenntnis zu nehmen: Name, Position im Betrieb
  • Klausel zur Bewilligung/Ablehnung des Urlaubs für den Arbeitgeber mit Zeitraum wie etwa:

,,Urlaub bewilligt vom … bis …“

,,Abgelehnt, weil …“

  • Ort, Datum
  • Unterschrift

Wann muss man seine Urlaubstage beantragen?

Grundsätzlich gibt es keine Vorgaben darüber, wann der Urlaub zu beantragen ist. Er ist allerdings bestenfalls so rechtzeitig zu beantragen, dass sich der Arbeitgeber auf das Fehlen des Arbeitnehmers organisatorisch einstellen kann. Wie rechtzeitig der Antrag im Einzelfall einzureichen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, sodass beispielsweise die Länge des jeweiligen Urlaubs maßgeblich sein kann. Oftmals bestehen betriebsinterne Vorgaben, die vorrangig zu beachten sind.

Ist Urlaub grundsätzlich genehmigungspflichtig?

Grundsätzlich ist der Urlaub zu beantragen und vom Arbeitgeber zu genehmigen. Rechtlich gestaltet sich die Urlaubsgenehmigung als Freistellung von der geschuldeten Arbeitsleistung. Der Urlaub ist vom Arbeitgeber zu genehmigen, wenn dringende betriebliche Belange oder überwiegende Urlaubswünsche anderer dem nicht entgegenstehen.

Bevor der Urlaub erteilt wird, sind vom Arbeitgeber betriebliche Belange und die Urlaubsplanung der Mitarbeiter gegeneinander abzuwägen. Überwiegen betriebliche Belange, darf der Urlaub abgelehnt werden. Betriebliche Belange können zum Beispiel saisonbedingte oder krankheitsbedingte Engpässe sein. Dass der Urlaub den gewohnten Gang des Arbeitsablaufes stört, ist allein keine Begründung, da jedes Fehlen eines Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer Störung des Geschäftsbetriebs führt.

Die Genehmigung des Urlaubs durch den Arbeitgeber muss eindeutig erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung seines Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wird, ansonsten liegt keine Urlaubsgenehmigung vor. So reicht es beispielsweise nicht aus, dass der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Urlaubsplanung seinen Urlaubswunsch in eine Urlaubsliste einträgt und der Arbeitgeber sich dazu nicht äußert. Anders kann es sich darstellen, wenn sich die Eintragung in eine Liste bereits als betriebliche Übung etabliert hat. Dies ist allerdings im Einzelfall zu beurteilen.

Darf mein Chef über meinen Urlaub bestimmen?

Der Arbeitgeber darf die zeitliche Lage des Urlaubs der Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) bestimmen. Er hat allerdings die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (§ 7 BUrlG).

Es gilt der Grundsatz der zusammenhängenden Gewährung des Urlaubs (§ 7 Abs. 2 S. 1 BUrlG). Dies bedeutet, dass es dem Arbeitgeber grundsätzlich verboten ist, den Urlaub zeitlich aufzuteilen. Der Urlaub ist grundsätzlich zusammenhängend zu gewähren. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer daher einen zusammenhängenden Teil gewähren. Bei einer Sechs-Tage-Woche geht der Gesetzgeber von einem zusammenhängenden Anspruch von 12 Tagen aus. Bei üblicherweise fünf Arbeitstagen pro Woche reduziert sich die Zahl entsprechend. Der Arbeitgeber kann eine Teilung des Urlaubs lediglich dann vornehmen, wenn dringende betriebliche Gründe oder widerstreitende Interessen überwiegen.

Durch die Festlegung eines Betriebsurlaubs kann der Arbeitgeber allerdings ohne Rücksicht auf den Arbeitnehmer dessen Urlaub einseitig selbst festlegen. Die Urlaubstage des Arbeitnehmers, die in diesen Betriebsurlaub fallen, dürfen allerdings nur bis zu 60% der gesamten Urlaubstage des Mitarbeiters ausmachen. In der Praxis machen hiervon beispielsweise insbesondere Arztpraxen Gebrauch.

Nimmt der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht wahr, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu seinem Erholungsurlaub zwingen. Er kann ihn aber gegebenenfalls dazu auffordern, den Urlaub wahrzunehmen, da es auch in seinem Interesse ist, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist und bleibt.

Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Urlaubsplanung?

Der Betriebsrat hat bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Urlaubsfragen geht, die die Belegschaft allgemein berühren. Urlaubsgrundsätze sind Regeln, die festlegen, nach welchen Grundsätzen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub gewähren soll. Auf Basis dieser allgemeinen Urlaubsgrundsätze ist ein Urlaubsplan aufzustellen. Im Urlaubsplan werden die Zeiten festgelegt, in denen den einzelnen Arbeitnehmern der Urlaub im Laufe des Kalenderjahres gewährt werden soll. Der Urlaubsplan ist von der Urlaubsliste der Arbeitnehmer, in dem diese ihre Urlaubswünsche eintragen zu unterscheiden. Die Urlaubsliste kann mitbestimmungsfrei aufgestellt werden.

Betrifft die Urlaubsfrage daher nicht nur einzelne Arbeitnehmer, besteht ein kollektives Regelungsbedürfnis durch den Betriebsrat. Dem Betriebsrat kommt dann ein Initiativrecht zu. Aufgrund des Initiativrechts kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber eigene Vorschläge unterbreiten und verhandelt mit ihm über die Gewährung von Urlaub. Hierbei wird es nur um einzelne Urlaubstage gehen können, wie beispielsweise für das Halbfinale einer Fußball-WM oder – sofern Sonntagsarbeit zu leisten ist – für das Finale.

Geregelt werden kann beispielsweise auch:

  • Das Eintragen in eine Urlausliste
  • Eine Frist, innerhalb derer der AG über den Urlaubsantrag entscheiden muss
  • Ein Formular, das für den Urlaubsantrag verwendet werden muss
  • Der Stichtag, bis zu dem der AN seinen Urlaub beantragt haben muss

Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen, z.B. über die Festsetzung der zeitlichen Lage eines einzelnen Arbeitnehmers, entscheidet die Einigungsstelle (§ 87 Abs. 2 BetrVG). Sie ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle und tritt zusammen, wenn eine Einigung nicht erzielt werden kann (§ 76 BetrVG).

Das Gesetz sieht aber auch bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer grundsätzlich ein echtes Mitbestimmungsrecht vor, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG). Ein echtes Mitbestimmungsrecht bedeutet, dass der Betriebsrat neben dem Arbeitgeber gleichberechtigt über den Urlaub mitbestimmen kann.

Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht gemeinsam auf die zeitliche Lage des Urlaubs einigen, ist diese vom Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Betriebsrat einvernehmlich festzulegen.

Missachtet der Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, sind Maßnahmen, die zu Lasten des Arbeitnehmers festgelegt wurden, unwirksam. Können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber z. B. nicht auf die zeitliche Lage des Urlaubs einigen und legt der Arbeitgeber daraufhin den Urlaub eigenständig ohne Rücksprache mit dem Betriebsrat fest, so ist die Festlegung unwirksam.

Missachtet der Arbeitgeber ein Recht aus § 87 BetrVG gibt es verschiedene Handlungsmöglichkeiten: Will der Betriebsrat erreichen, dass ein Arbeitgeber in der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats tätig wird, kann der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen. Will der Betriebsrat allerdings eine bestimmte Regelung durch Abschluss einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber erreichen, kann er die Einigungsstelle hierfür anrufen.

Kein Mitbestimmungsrecht kommt dem Betriebsrat dagegen bei der Dauer des Urlaubs, als auch nicht bei der Gewährung von zusätzlichem Urlaubsgeld zu.

Muss man seinen gesamten Jahresurlaub verbrauchen?

Wird der Urlaub nicht genommen, kann er unter Umständen verfallen.

Eine gesetzliche Verpflichtung, seinen Urlaub aufzubrauchen besteht nicht. Es obliegt vielmehr dem Arbeitgeber im Wege seiner Fürsorgepflicht dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub wahrnimmt.

Liegen dringende betriebliche Erfordernisse wie z.B. Betriebsferien oder Saisonbetrieb vor, kann der Arbeitgeber Zwangsurlaub in Höhe von maximal drei Fünftel des Jahresurlaubs des Arbeitnehmers anordnen. Über die restlichen zwei Fünftel hat der Arbeitnehmer selbst zu bestimmen. Insofern kann der Arbeitnehmer auch nicht durch die Anordnung von Zwangsurlaub dazu gezwungen werden, seinen gesamten Jahresurlaub aufzubrauchen.

Dürfen Resturlaubstage verfallen?

Der Jahresurlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden, ansonsten verfällt er (§ 7 Abs. 3. S. 1 BUrlG). Der Urlaub kann in das folgende Kalenderjahr übertragen werden, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Betriebliche Gründe können beispielsweise erhöhter Arbeitsbedarf, Abschlussarbeiten oder krankheitsbedingter Ausfall anderer Arbeitnehmer darstellen. In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe liegen z. B. vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund von Krankheit nicht nehmen konnte oder ein naher Angehöriger gepflegt werden musste. Der Urlaub wird dann befristet bis zum 31.03. des Folgejahres übertragen. Danach verfällt er. Die Übertragung des Urlaubs über den 31.03. des Folgejahres hinaus ist möglich, muss aber zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesondert vereinbart werden. Der Urlaub muss so rechtzeitig genommen werden, dass er bis zum Ende dieses Übertragungszeitraumes erfüllt werden kann.

Nach der erst am 20.12.2019 ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 245/19) kann der Resturlaub allerdings zumindest nicht mehr automatisch verfallen. Zwar sind andere Gerichte in ihrer Entscheidung nicht an die der anderen Gerichte gebunden, allerdings dient das Urteil des Bundesarbeitsgerichts als wichtige Weichenstellung, die es fortan zu beachten gilt. Bisher verfiel der Anspruch auf bezahlten Urlaub zum Jahresende, falls kein Übergangszeitraum vorgesehen war. Nun verfällt der Urlaubsanspruch allerdings nur noch, wenn der Arbeitgeber auf den Verfall noch bestehender Urlaubstage schriftlich hinweist. Der Arbeitgeber ist seiner Mitwirkungsverpflichtung nachgekommen, wenn er

  1. den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen noch bestehenden Urlaub zu nehmen und
  2. er den Arbeitnehmer unmissverständlich und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub mit Ende des Kalenderjahres bzw. mit Ende des Übertragungszeitraumes verfällt.

Grundsätzlich unterliegt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Urlaub der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt allerdings erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Urlaubsanspruch und dessen Verfall informiert.

Der Arbeitgeber ist daher im eigenen Interesse angehalten, den Arbeitnehmer am Ende des Bezugs- oder Übertragungszeitraumes rechtzeitig darüber zu informieren. Verallgemeinerte Angaben zum Verfall im Arbeits- oder Tarifvertrag genügen hierfür nicht. Dass der Hinweis erfolgte, ist durch den Arbeitgeber zu beweisen.

Tipp: Bleibt der Hinweis auf einen anstehenden Verfall der Resturlaubstage durch den Arbeitgeber aus, verjährt nicht nur der Anspruch nicht mehr, es kann sogar der Urlaub aus früheren Jahren rückwirkend geltend gemacht werden!

Eine weitere Ausnahme vom Verfall der Urlaubstage ist beispielsweise, dass der Urlaub aufgrund längerer bestehender Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit nicht genommen werden konnte. Der Urlaubsanspruch bleibt daher zunächst erhalten. Da sich im Falle längerer bestehender Arbeitsunfähigkeit die Ansprüche unendlich anhäufen würden, wurde vom EuGH und in Anschluss dazu vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18.09.2012 eine zeitliche Verfallsgrenze von 15 Monaten nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres gesetzt. So verfällt der Anspruch mit Ablauf des 31. März nach Ablauf des Urlaubsjahres, vgl. BAG, Urteil vom 18.09.2012 – 9 AZR 623/10.

Da der Urlaub aufgrund der Krankheit nicht hätte genommen werden können, kommt es auf einen Hinweis zum Verfall der Urlaubstage des Arbeitgebers nicht an. Ein Hinweis des Arbeitgebers hätte nicht dazu beigetragen, dass der Urlaub in Anspruch genommen worden wäre. Anders beurteilt sich die Lage, wenn in dem Urlaubsjahr teilweise gearbeitet wurde. Im Einzelfall hat der Arbeitgeber dann seine Mitwirkungsobliegenheit (vgl. oben) zu erfüllen, um die Verjährung bis zum 15. März des Folgejahres zu bewirken, vgl. BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 245/19.

Darf mein Arbeitgeber bereits genehmigte Urlaubstage streichen?

Grundsätzlich bleibt eine bereits erteilte Urlaubsgenehmigung bestehen und kann nicht allein vom Arbeitgeber oder Abreitnehmer zurückgenommen werden. Möglich ist aber, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die zuvor erteilte Urlaubsgenehmigung einvernehmlich, d. h. unter übereinstimmender Erklärung aufzuheben. In Ausnahmefällen ist eine einseitige Rücknahme der Urlaubsgenehmigung durch den Arbeitgeber möglich. Dafür bedarf es allerdings gravierender, existenzgefährdender Gründe, die der Arbeitgeber nachweisen muss. Alternativen zur Urlaubsunterbrechung müssen zuvor in Anspruch genommen werden. Die Kosten, die dem Arbeitnehmer hierdurch entstehen (z.B. Stornierungskosten), sind vom Arbeitgeber zu ersetzen.

Tipp: Nicht möglich ist, dass die Urlaubsgenehmigung unter Vorbehalt oder widerruflich gewährt wird. Dies würde eine einseitige Absage durch den Arbeitgeber ermöglichen und ist nicht rechtmäßig. Dem Arbeitnehmer käme bei diesem Modell keinerlei Planungssicherheit zu.

Darf mein Chef mich aus dem Urlaub zurückholen?

Ist der Urlaub erteilt, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht ohne Weiteres aus dem Urlaub zurückrufen und so die Urlaubsplanung des Personals eigenständig bestimmen. Eine einseitige Rücknahme der Genehmigung durch den Arbeitgeber kann grundsätzlich nicht vorgenommen werden. Die Genehmigung kann jedoch im Falle gravierender, existenzgefährdender Gründe im Einzelfall widerrufen werden. Hieran sind nochmals höhere Anforderungen zu stellen, wie bei der Rücknahme der Genehmigung vor dem Urlaubsantritt. Die Kosten für Transfer, Aufenthalts- sowie Stornierungskosten sind vom Arbeitgeber zu tragen. Die Urlaubstrage, die der Arbeitnehmer nicht nutzen konnte, sind ihm gutzuschreiben.

Darf ich auf Urlaub verzichten und mir stattdessen Geld auszahlen lassen?

Nein, denn Sinn und Zweck des Urlaubsanspruches ist die Erholung des Arbeitnehmers, sodass dieser künftig leistungsfähig bleibt. Dem wird die Auszahlung des Urlaubs nicht gerecht. Die Auszahlung ist daher nur in Ausnahmefällen möglich. In Betracht kommt der Fall, dass das Arbeitsverhältnis vorzeitig endet und der Arbeitgeber den Resturlaub nicht mehr gewähren kann (§ 7 IV BurlG). Im Tarifvertrag kann hiervon allerdings abgewichen werden (§ 13 Abs. 1 BUrlG).

Haben Eltern mit schulpflichtigen Kindern Vorrang bei der Urlaubsplanung im Betrieb?

Kollegen mit schulpflichtigen Kindern werden oftmals vorrangig bei der Urlaubsplanung behandelt.

§ 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG besagt:

,, Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“

Der Arbeitgeber hat hieraus bei der Urlaubsgenehmigung die Interessen der Arbeitnehmer unter sozialen Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen. Ein sozialer Gesichtspunkt ist beispielsweise, dass ein Arbeitnehmer schulpflichtige Kinder hat. Dies ist daher vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Urlaub in der Ferienzeit besteht allerdings nicht. So kann der Antrag abgelehnt werden, wenn Interessen anderer Arbeitnehmer vorrangig sind. Wird der Antrag des Arbeitnehmers abgelehnt, kann ggf. der Betriebsrat eingeschaltet werden.

Finden bestimmte soziale Kriterien bei der Urlaubsplanung Berücksichtigung?

Soziale Kriterien finden bei der Urlaubsplanung für Mitarbeiter Berücksichtigung (§ 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG).

Zu berücksichtigende soziale Gesichtspunkte sind beispielsweise das Alter des Arbeitnehmers, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Urlaub eines Ehegatten, als auch die Notwendigkeit der Erholung aufgrund von Krankheit des Arbeitnehmers. Die Position im Betrieb des einzelnen Arbeitnehmers ist dagegen kein maßgeblicher Aspekt. Ob ein Urlaubswunsch Vorrang vor einem anderen hat, hat der Arbeitgeber unter Gegenüberstellung der einzelnen Interessen abzuwägen.

Haben (Schwer-)Behinderte einen Vorrang bei der Urlaubsplanung?

Die (Schwer-)Behinderung eines Arbeitnehmers kann berücksichtigt werden, wenn die Auswirkungen seiner Behinderung die Urlaubsgewährung in einem bestimmten Zeitraum erforderlich machen. Der Urlaubsanspruch bei Schwerbehinderung richtet sich nach § 208 SGB IX. Hiernach haben schwerbehinderte Menschen im Fall einer Fünf-Tage-Woche einen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Jahr. Besteht eine Arbeitspflicht von mehr oder weniger als fünf Arbeitstagen die Woche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend (§ 208 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Ansonsten gelten die allgemeinen Urlaubsgrundsätze im Betrieb, als auch die zuvor genannten Abwägungen.

Ist Urlaubsplanung auch Arbeitszeit?

Nein, Urlaubsplanung ist keine Arbeitszeit. Urlaubsplanung in der Arbeitszeit sollte unbedingt vermieden werden. Dem Arbeitnehmer steht zwar Urlaub zur Erholung gesetzlich zu. Ungeachtet dessen ist der Arbeitnehmer allerdings zur Arbeitsleistung verpflichtet. Die Planung des Jahresurlaubs unterfällt nicht der Leistung von Arbeit.

Darf der Arbeitgeber eine verbindliche Urlaubsplanung verlangen?

Ja, der Arbeitgeber darf eine verbindliche Urlaubsplanung verlangen. Damit der Arbeitgeber den gewünschten Jahresplanungen der Mitarbeiter gerecht werden kann, wird der Arbeitgeber dies frühestmöglich veranlassen. Denn ein einmal erteilter Urlaubsplan ist in der Regel verbindlich und kann nicht mehr durch eine Partei zurückgenommen werden (siehe oben). Wird der Urlaub allerdings nicht oder verspätet eingereicht, hat dies nicht die Abmahnung zur Folge. Es kann jedoch zur Folge haben, dass die eigenen Wünsche nachrangig vom Arbeitgeber berücksichtigt werden. Letztendlich liegt es daher im Interesse des Arbeitnehmers, den Urlaub verbindlich und frühzeitig zu planen.

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Autor: Finn Streich

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