Mai 31, 2023 | Arbeitsrecht

Mobbing

Mobbing – Wo hört der Spaß auf?

Der Begriff kommt aus dem Englischen („to mob“) und bedeutet „jemanden schikanieren“. Mobbing existiert in verschieden Formen und Arten. Zusammenfassend versteht man hierunter ein systematisches Schikanieren und Diskriminieren, mit dem Ziel der Ausgrenzung einer Person.

Das Wichtigste kurz vorab

  • Mobbing ist ein vielseitiges und weitreichendes Diskriminieren und Ausgrenzen von Mitmenschen
  • Betroffene sollten unbedingt das Gespräch zu Vorgesetzten und/ oder unbeteiligten Kollegen suchen und um Hilfe bitten
  • Suchen Sie bei ernsthaften Problemen durch Mobbing einen Anwalt für Arbeitsrecht auf
  • Mobbing ist grundsätzlich nicht strafbar, es sei denn man kann eigene Einschränkungen/ Schäden nachweisen und ggf. Zeugen benennen (Stichworte: Schadensersatz, Unterlassungsaufforderung)
  • Unbedingt Vorkommnisse protokollieren
  • Nehmen Sie als Kollege(n) und/ oder Vorgesetzte(r) das Thema ernst und unterbinden Sie ein solches Geschehen möglichst SOFORT!

Was versteht man unter „Mobbing?“

Im Fokus steht die Verletzung der Würde, Persönlichkeit oder Gesundheit des Betroffenen. Die Verhaltensweisen müssen über einen längeren Zeitraum andauern und aufeinander aufbauen, um die Schwelle zum Mobbing zu überschreiten.

Welche Arten von Mobbing gibt es?

  • Verbales Mobbing

Das Opfer bleibt äußerlich unversehrt, erleidet jedoch seelische Verletzungen. Für das Opfer sind die Auswirkungen ebenso schmerzhaft. Oftmals dreht sich die Diffamierung um das Verhalten, das Aussehen, die Kleidung und die Herkunft des Opfers.

  • Nonverbales Mobbing

Das Opfer wird bei dieser Form des Mobbings nicht direkt angesprochen oder anvisiert. Vielmehr geschieht die Ausgrenzung durch ein Verhalten im Umfeld des Opfers. Das Opfer wird nicht mehr in soziale Interaktionen integriert und stattdessen ignoriert, sowie aus der sozialen Gruppe ausgeschlossen. Das Ziel ist die Isolation des Opfers und das Vorenthalten von zwischenmenschlichen Beziehungen.

  • Körperliches Mobbing

Das Opfer wird physisch beeinträchtigt und erleidet körperliche Schäden. Diese sollen zu einer Demütigung und Unterdrückung des Opfers führen.

  • Cybermobbing

Unterscheidet sich von den anderen Formen des Mobbings, da Opfer und Täter räumlich getrennt sind. Die Plattformen des Cybermobbings sind soziale Medien, wodurch das Opfer sogar zeitlich unbegrenzt erreicht werden kann.

  • Sexuelles Mobbing

Diese Art des Mobbings kann verbal, in Form von sexistischen Bemerkungen über den Körper oder die Sexualität des Opfers, aber auch körperlich, durch unsittliche Berührungen, erfolgen und wirkt sich als sexualisierte Gewalt aus.

Der Unterschied zwischen Mobbing und Spaß unter Kollegen

Mobbing beginnt dann, wenn die bewusste Schikanierung über mehrere Wochen andauert, ohne dass es einen lösbaren Konflikt zwischen den Beteiligten gibt. Es muss sich also ein gewisser Wiederholungseffekt einstellen. Zudem ist ein Machtgefälle entscheidend, das Opfer muss also hierarchisch unterlegen sein.

Ein bloßer Spaß unter Kollegen zeichnet sich dadurch aus, dass auch alle Beteiligten darüber lachen können und sich niemand in seiner Würde und Persönlichkeit angegriffen fühlt.

Relevant ist also die zeitlich andauernde, sich wiederholende Beleidigung, die allein auf die Diffamierung der einzelnen Person abzielt.

Wie entsteht Mobbing?

Mobbing kann die unterschiedlichsten Ursachen haben, resultiert oft jedoch aus dem inneren Gefühlsleben und der Persönlichkeit des Täters. Zum einen ist Gruppendruck in der Gesellschaft ein häufiger Faktor. Der Täter selbst hat oft Gefühle von Minderwertigkeit und versucht sich durch die Mobbing-Taten besser zu fühlen. Auch spielt mangelnde Selbstsicherheit eine Rolle, denn Mobbing erzeugt ein Gefühl der Macht. Zudem haben Mobber oft selbst Erniedrigungen erlitten, woraus sich der Drang entwickeln kann, andere Personen auf die gleiche Weise zu behandeln. Auch der Neid auf andere, sowie Antipathie für eine Person und ihre Gefühle, sind bestärkende Faktoren. Zusammengefasst entsteht Mobbing also, wenn der Täter seine eigenen negativen Gefühle an einer schwächeren Person auslassen will und sich dadurch besser fühlen möchte.

Woran erkennt man Mobbing?

Hier sind zwei Merkmale entscheidend: Zum einen muss ein Zeit-Element vorliegen, also die Drangsalierung muss über einen längeren Zeitraum erfolgen. Zum anderen ist eine systematische und bewusste Herangehensweise maßgeblich, die Drangsalierung entspringt nicht aus einem bloßen Impuls.

Warum wird man Mobbing-Opfer?

Oft wird derjenige Opfer, der sich wegen bestimmten äußerlichen Eigenschaften oder auch wegen seiner Persönlichkeit von der Durchschnitts-Masse abhebt. Häufig sind dies Menschen, die entweder körperlich schwach sind, auffällige äußerliche Merkmale haben, Menschen die sich nicht zur Wehr setzen oder wenig Durchsetzungsvermögen haben, Menschen mit Migrationshintergrund / Behinderungen / besonderen Begabungen. Unsicherheit und Schwäche sind die häufigsten Ursachen, warum man zu einem Mobbingopfer werden kann.

Was sind die Ursachen für Mobbing am Arbeitsplatz?

Der kollegiale Gruppendruck spielt eine große Rolle. Neue Kollegen schließen sich oftmals einem laufenden Mobbing-Geschehen an, um Anschluss an ihr neues Umfeld zu finden. Zum einen kann es an einer fehlenden internen Kommunikation liegen, durch die unwahre Informationen verstreut werden. Auch eine fehlende Führungskompetenz kann Mobbing aufkommen lassen, denn eine informierte, starke und durchgreifende Leitung seitens des Arbeitgebers kann solche unerwünschten Verhaltensweisen schon frühzeitig erkennen und in den Anfängen unterdrücken.

Eine schlechte Organisation in einem Unternehmen kann dazu führen, dass ein unangenehmes Betriebsklima durch viel Hektik oder Stress entsteht und Mitarbeiter ein Ventil für ihre Unzufriedenheit suchen. Hierzu gehört auch der Missbrauch von Macht und Hierarchien, denn Personen mit übergeordneten Positionen neigen dazu, sich hierdurch zu profilieren. Der am Arbeitsplatz herrschende Konkurrenzkampf ist ebenfalls ein begünstigender Faktor für Mobbing, da Konkurrenten sich so versuchen gegenseitig „auszuschalten“.

Ursachen, die sich aus der Persönlichkeit des Täters ergeben, spielen natürlich auch am Arbeitsplatz eine Rolle (siehe oben).

Was können Mobbing-Betroffene tun?

Als Opfer sollte zunächst Hilfe im Umfeld gesucht werden. Der Betroffene sollte sich Mitmenschen anvertrauen, die ihn unterstützen können. Eine Dokumentation der Angriffe und Vorfälle hilft, um später dem Täter dies auch nachweisen zu können. Betroffene können zudem an ihrem Selbstwert und ihrer Selbstwahrnehmung arbeiten und sich eine Strategie zurechtlegen. Das Gespräch mit dem Täter kann gesucht werden; der Betroffene kann die Vorfälle öffentlich anprangern. Auch sollten für Personalangelegenheiten zuständige Personen, wie der Betriebsrat oder der Arbeitgeber selbst, über die Vorfälle informiert werden.

Wer ist der richtige Ansprechpartner bei Mobbing im Arbeitsplatz?

Die im Betrieb für Mobbing zuständige Stelle sollte informiert werden. In Betrieben mit einer Arbeitnehmervertretung ist dies der Betriebsrat. Nach § 84 BetrVG kann die zuständige Stelle über Mobbing-Vorfälle informiert werden. Existiert kein Betriebsrat, ist die zuständige Stelle der unmittelbare Vorgesetzte. Bleibt eine Beschwerde hier erfolglos, sollte der Arbeitgeber ins Boot geholt werden, dieser kann dann direkt Maßnahmen ergreifen.

Kann man Mobbing überhaupt vollständig beenden?

Mobbing endet nie von allein. Wichtig ist, dass sich der Betroffene aus der Opfer-Rolle hinaus begibt und sich Hilfe sucht: Die Situation muss akzeptiert und eine Klärung mit dem Täter oder der Tätergruppe muss in Angriff genommen werden. Der Betroffene muss also selbst aktiv werden. Auch das Umfeld muss mitwirken, das Mobbing-Verhalten sollte öffentlich gemacht und angeprangert werden. Werden daraufhin weitere Maßnahmen ergriffen und diese eingehalten und umgesetzt, kann ein Mobbing-Verhalten auch vollständig zu Ende gehen. Dem Täter muss in einer Konfrontation vor Augen geführt werden, dass er eindeutig Grenzen überschreitet und dass dieses Verhalten Konsequenzen mit sich bringt.

Welche Maßnahmen gibt es gegen Mobbing?

Für Arbeitnehmer existiert ein Beschwerderecht nach § 13 Abs. 1 AGG / § 84 BetrVG bei Benachteiligungen und Beeinträchtigungen bei der zuständigen Stelle oder dem Betriebsrat. Die Beschwerde wird entgegengenommen und geprüft, sowie dann auf deren Abhilfe hingewirkt. Der Anspruch aus Abhilfe ist auch einklagbar nach § 85 Abs. 1 BetrVG, wenn die Beschwerde anerkannt wird. Um die Beweislast zu erleichtern, sollte der Betroffene ein Mobbing-Tagebuch führen. Der Betroffene hat also einen Anspruch auf die Durchführung geeigneter Maßnahmen, wie z.B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung des Täters, zur Unterbindung des Mobbings seitens des Arbeitgebers (§ 12 Abs. 3 AGG).

Dem Betroffenen stehen auch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bei rufschädigenden oder beleidigenden Äußerungen zu, ein Leistungsverweigerungsrecht (Zurückbehaltung der Arbeitsleistung) nach § 14 AGG, die außerordentliche Eigenkündigung, sowie das Hinwirken auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Auch besteht für Mobbingopfer die Möglichkeit vom Täter, sowie auch vom Arbeitgeber, der untätig bleibt, Schadensersatz nach § 823 BGB zu erhalten. Auch ein strafrechtliches Vorgehen ist möglich, sollten Beleidigungs-, Körperverletzungsdelikte oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vorliegen.

Wie kann man sich gegen Mobber wehren?

Zunächst ist eine selbstsichere Reaktion von Vorteil, denn der Täter erhofft sich ein widerstandsloses Verhalten. Ein selbstbewusstes Auftreten verunsichert den Täter, denn es weist ihn in seine Schranken zurück. Dann können die oben aufgeführten Maßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel Verbündete gesucht, die Aussprache mit dem Täter anvisiert, Beschwerdemöglichkeiten genutzt und rechtliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Wird Mobbing am Arbeitsplatz ernst genommen?

Oftmals wird Mobbing erst bei körperlichen Angriffen ernst genommen. Am Arbeitsplatz ist die Form des verbalen Mobbings aber weitaus häufiger. Viele Betroffene zögern damit, eine offizielle Beschwerde einzureichen, und suchen den Fehler zunächst bei sich selbst. Oft verfestigt sich der Gedanke, dass die betroffene Person an ihrer Lage auch selbst Schuld sei, da sie sich von der Durchschnitts-Masse abhebt und nicht „ins Bild“ passt. Im beruflichen Alltag ist Mobbing ein häufiges Problem, fast jeder Dritte erfährt in seinem beruflichen Leben Mobbing-Angriffe.

Gibt es wirksame Strafen gegen Mobber?

Mobbing stellt keinen eigenen Straftatbestand dar, jedoch kann es sich um eine Körperverletzung oder Verleumdung handeln. Bei körperlichen Angriffen können die Straftatbestände der Körperverletzung, der Erpressung, Nötigung, Bedrohung, sowie Diebstahl und Sachbeschädigung erfüllt werden. Verbale Angriffe können den Tatbestand der Beleidigung, Verleumdung, üblen Nachrede erfüllen. Dann kann eine Strafanzeige und Strafantrag gestellt werden

Zivilrechtliche Möglichkeiten ergeben sich aus der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen.

Letzte Chance: Kündigung?

Sollte sich die Situation nicht bessern, sollte der Wechsel des Arbeitsplatzes in Betracht gezogen werden. Eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB erfordert einen wichtigen Grund, zudem auch Mobbing gehört, weil es für den Betroffenen oftmals nicht tragbar ist, eine Kündigungsfrist abzuwarten. Um eine gute Arbeitsleistung zu erbringen, muss dem Arbeitnehmer ein angenehmes Arbeitsklima zur Verfügung gestellt werden. Zuvor sollte jedoch ein klärendes Gespräch als milderes Mittel in Betracht gezogen werden. Es sollte auch an eine interne Versetzung gedacht werden. Im Kündigungsschreiben muss der wichtige Grund dann im Einzelnen dargelegt werden.

Wie wir Ihnen helfen können

Sie erfahren Mobbing am Arbeitsplatz und wissen nicht mehr weiter? Sie leiden unter Ihrem Umfeld, werden verunsichert und möglicherweise bedroht? Sie fürchten um Ihren Arbeitsplatz und finden keinen Ansprechpartner an Ihrem Arbeitsplatz, dem Sie sich anvertrauen können?

Wir bieten Ihnen gern Lösungsvorschläge an und übernehmen die rechtliche Vertretung und die damit verbundene Durchsetzung Ihrer Rechte.

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Autor: Alina Riemer

Rechtsanwältin

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