Immer wieder gibt es Fallkonstellationen, in denen aus rechtlicher Sicht die Frage besteht, ob die Regelungen über das Wohnraummietrecht oder das Gewerberaummietrecht Anwendung finden.
Als konkrete Entscheidungsgrundlage hierfür hatte der BGH in seiner Entscheidung vom 13.01.2021 (VIII ZR 58/20 und VIII ZR 66/19) die Situation, dass eine Personenhandelsgesellschaft mehrere Wohnungen zur Weitervermietung an Dritte angemietet hat. Die Personenhandelsgesellschaft war damit Hauptmieterin und Untervermieterin, die Wohnungen wurden an ihre Mieter untervermietet.
Der Vertragszweck als Abgrenzungskriterium
Es kommt auf die Nutzungsabsicht der Immobilie an!
Hinsichtlich der Fragestellung, ob ein Gewerbemietverhältnis oder ein Mietverhältnis über Wohnraum anzunehmen ist, ist die Beurteilung maßgeblich auf den Vertragszweck zu focussieren. Ist es so, dass der Mieter eines Mietvertrages Wohnungen zu dem Zweck anbietet, diese weiter zu vermieten oder Dritten zur Verfügung zu stellen – gleichgültig ob zu Wohnzwecken oder anderen Zwecken – so ist hierbei von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen. Die Vorschriften über das Wohnraummietrecht finden daher keine Anwendung, es handelt sich um ein Gewerbe.
Maßgeblich ist, ob der Mieter die angemieteten Räumlichkeiten zu eigenen Wohnzwecken nutzen möchte, oder diese wiederum Dritten zur Verfügung stellt.
Wie erkennt man den Vertragszweck?
Als maßgebliches Kriterium, was die Parteien des Mietvertrages durch Abschluss des Mietvertrages bewirken wollen, kommt es auf den Wortlaut des Mietvertrages an. Soweit im Mietvertrag entsprechende ausdrückliche Regelungen über den Mietgegenstand und die Nutzungsrechte des Mieters enthalten sind, dürfte sich hieraus bereits der Vertragszweck und die damit zusammenhängende Nutzungsabsicht ergeben. Sollte eine solche Formulierung nicht enthalten sein, ist der Vertragszweck durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei spielt maßgeblich die Rolle, zu welchem Zweck die Räume angemietet werden.
Soweit beispielsweise eine GmbH Räumlichkeiten angemietet, dürfte man hierbei davon ausgehen, dass es sich nicht um Wohnraum handelt, da die GmbH keinen eigenen Wohnbedarf begründen kann. Dieser steht allenfalls dem Geschäftsführer der GmbH zu, der wiederum eine dritte Person in der Konstellation des Mietverhältnisses ist. Es würde sich insofern um eine Untermiete handeln, die nicht vom Wohnraummietrecht gedeckt ist. Es findet also das Gewerbemietrecht Anwendung.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Bezeichnung des Mietvertrages den Rechtscharakter des Vertrages nicht bestimmen kann. Dies bedeutet konkret, dass auch bei Benennung des Mietvertrages als „Wohnraummietvertrag“ das Gewerberecht Anwendung finden kann, wenn dies die Umstände durch Auslegung ergeben.
Wohnraummietvertrag oder Gewerbemietvertrag – Die Unterschiede
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass innerhalb des Gewerbemietrechts eine deutlich weitreichendere Gestaltungsfreiheit besteht. Der Mieterschutz wird nicht so hoch gehängt wie im Wohnungsbau. Die Parteien können im Gewerbemietverhältnis Vertragsklauseln sowie Rechte und Pflichten überwiegend frei verhandeln.
Folgende Beispiele sollen den Unterschied zwischen Gewerbemiete und Wohnraummiete aufzeigen:
- Ein Gewerbemietvertrag kann zeitlich befristet werden, ein Wohnungsmietvertrag hingegen nur unter engen Voraussetzungen des § 575 BGB
- Vereinbarungen über die Kaution sind im Gewerbemietvertrag frei verhandelbar, bei Wohnraum ist der Höchstbetrag auf drei Monatsmieten begrenzt
- Im Wohnraummietvertrag findet die Vorschrift des §2 Betriebskostenverordnung Anwendung: lediglich die dort aufgeführten Betriebskosten dürfen auf den Mieter abgewälzt werden; im Gewerbemietvertrag besteht deutlich weitreichendere Gestaltungsfreiheit, es können Betriebskosten deutlich umfangreicher auf den Mieter übertragen werden
- Der Gewerbemietvertrag kann ohne Angabe von Gründen jederzeit ordentlich gekündigt werden, der Wohnraummietvertrag ist nur in engen Voraussetzungen ordentlich kündbar
- Im Wohnungsmietrecht kann der Mieter innerhalb der Schonfristzahlung eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsrückstandes unwirksam werden lassen, dies gilt im Gewerbemietvertrag nicht. Hier bleibt die fristlose Kündigung auch bei vollständiger Entrichtung der rückständigen Mieten bestehen.
Praxishinweis und Handlungsempfehlung
Wir möchten jedem Vermieter bzw. Hauptmieter (und künftigem Untervermieter) empfehlen, vor Abschluss des Mietvertrages die Nutzungsabsicht der Immobilie konkret zu benennen. Es ist zu empfehlen, bei entsprechender Möglichkeit von der Wahlfreiheit beider Mietvertragstypen Gebrauch zu machen. Hierbei ist keine Empfehlung auszusprechen, es kommt vielmehr auf den individuellen Einzelfall an, welche Form des Mietvertrages (Gewerbe oder Wohnen) für den konkreten Vertragszweck herangezogen werden sollte.