Die Frage, ob der Architekt wegen Baukostenüberschreitung in die Haftung genommen werden kann, wird von der Rechtsprechung (BGH) mit strengen Anforderungen beantwortet.
Maßgeblicher Ausgangspunkt für eine Haftung des Architekten bei Baukostenüberschreitung ist der zugrunde liegende Architektenvertrag. Im ersten Schritt sollte der Bauherr prüfen, welchen Inhalt er mit dem Architekten vertraglich vereinbart hat. Zwingende Voraussetzung dafür, dass ein Architekt für eine Kostensteigerung in die Haftung genommen werden kann, ist die Vereinbarung eines bestimmten Baukostenbetrages. Die Parteien können im Wege des Architektenvertrages durch nachfolgende Regelungen eine maximale Baukostengrenze vereinbaren:
Baukostenobergrenze durch vertragliche Vereinbarung
Maßgeblich ist der Wortlaut des Vertrages, um beurteilen zu können, was die Parteien vereinbaren wollten. Lediglich die einseitige Annahme des Bauherrn, dass er von einer bestimmten Baukostenobergrenze ausgegangen sei, genügt nicht, um den Architekten in die Haftung zu nehmen. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen Architekt und Bauherr eine konkrete Baukostenobergrenze in Form eines Euro-Betrages definiert wird.
Aus unserer Beratungspraxis können wir mitteilen, dass in den bisher entschiedenen Fällen Formulierungen wie „absolute Obergrenze“, „maximaler Preis“ oder „nicht mehr als… Euro“ ausreichend gewesen sind, damit von einer vereinbarten Baukostenobergrenze ausgegangen werden kann.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob die lose Übersendung fertiger Planungsunterlagen an den Architekten bereits das Erfordernis einer vereinbarten Baukostenobergrenze erfüllt. Im Zweifel ist dies kritisch zu betrachten. Hierbei müsste weiter berücksichtigt werden, ob es weitere Korrespondenz und/oder Schriftverkehr zwischen den Parteien gibt, aus denen sich im Nachgang zum abgeschlossenen Architektenvertrag ergibt, dass die Parteien sich auf eine gewisse Kostenobergrenze geeinigt haben.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für einen wirksamen Einbezug einer Kostenobergrenze entscheidend ist, dass sich beide Parteien (Bauherr und Architekt) hierauf verständigt und darüber geeinigt haben. Eine bloß einseitige Erwartung oder Annahme des Bauherrn, man habe sich darüber verständigt, genügt hierfür in jedem Falle nicht. Der Bauherr ist für diesen Umstand beweisbelastet.
Baukostengarantie
Bei einer sogenannten Baukostengarantie übernimmt der Architekt vertraglich ausdrücklich die Garantie dafür, dass eine vorgegebene Baukostenobergrenze eingehalten wird.
Bei einer solchen Garantie würde es sich um die für den Bauherren vorteilhafteste Vereinbarung über ein Baukosten-Soll handeln. Innerhalb unserer langjährigen Beratungspraxis gibt es bis dato jedoch keinen einzigen Fall, dass ein Architekt eine solche Garantie abgibt, da er selbst oftmals die Entwicklung der Baukosten nicht beeinflussen kann.
Vertragliche Abrede als Beschaffenheitsvereinbarung
Bei der vertraglich vereinbarten Baukostenobergrenze handelt es sich um eine sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung. Die Beschaffenheitsvereinbarung in Form der einzuhaltenden Kostenobergrenze stellt ein vereinbartes Bau-Soll dar. Sofern dieses nicht eingehalten wird, handelt es sich um eine mangelhafte Leistung des Architekten, die wiederum zur Folge hat, dass der Bauherr bei Überschreitung der Kostenobergrenze Schadensersatz verlangen kann.
Haftung des Architekten – auf den Schaden kommt es an!
Der Bauherr ist berechtigt, vom Architekten Schadensersatz zu fordern, wenn dessen verschuldetes Verhalten zu einem Schaden beim Bauherrn geführt hat. Dieser Schaden zeigt sich überwiegend dadurch, dass die Baukosten gestiegen sind.
Haftet der Architekt für alle entstandenen Mehrkosten?
Klare Antwort: Nein!
Der Architekt kann nicht für sämtliche entstandenen Mehrkosten herangezogen werden. Der Architekt haftet für Umstände, die er selbst eigenverantwortlich zu vertreten hat. Bei der Ermittlung des Schadensersatzes ist daher Vorsicht geboten.
Auch wenn ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gegenüber dem Architekten besteht, muss hinsichtlich der Schadenshöhe konkret durch Einzelfallbetrachtung entschieden werden, welche Positionen der Mehrkosten vom Architekten zu vertreten sind.
Wofür ein Architekt NICHT haftet
Folgende Umstände möchten wir aus unserer Beratungspraxis zusammenfassen, die eine Haftung des Architekten entfallen lassen:
1. Materialpreissteigerungen
Für Preisanstiege bei Baumaterial kann der Architekt grundsätzlich nicht in die Haftung genommen werden.
2. Durch verteuerte Bauausführung erhält Bauherr einen äquivalenten Gegenwert
Auch wenn die Bauausführung teurer geworden ist, als dies ursprünglich geplant war, kann eine Haftung des Architekten entfallen, wenn der Bauherr einen äquivalenten Gegenwert durch die verteuerte Bauausführung erhält. Dies kann beispielsweise in Form einer gesteigerten Qualität der Bauleistungen oder der Baumaterialien der Fall sein. Ausnahme hiervon ist, dass zwischen den Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung in Form der Baukostenobergrenze vereinbart worden ist.
3. Toleranzgrenzen
Toleranzgrenzen hinsichtlich der Kostenüberschreitung sind bei der Schadensberechnung zu beachten: Der BGH geht davon aus, dass zumindest eine Kostenüberschreitung von mehr als 16 % als Fehleinschätzung des Architekten gewertet werden kann und nicht mehr innerhalb der zugebilligten Toleranzgrenze liegt.
4. Wertsteigerung des Grundstücks während der Bauausführung
Je nach Bauzeit kann eine Wertsteigerung des Grundstücks während der Bauphase auch dazu führen, dass ein eingetretener Schaden (durch verteuerte Bauausführung) dadurch zumindest in Teilen kompensiert werden kann, dass das Grundstück eine Wertsteigerung erfahren hat.
Hinweispflichten des Architekten – So erhält der Bauherr einen Schadensersatz!
Der Architekt ist verpflichtet, den Bauherrn unverzüglich nach Kenntnis darüber zu unterrichten, dass der geplante Baukostenrahmen bzw. die angesetzten Baukosten sich erhöhen werden. Der Architekt unterliegt insofern einer Auskunftspflicht gegenüber dem Bauherrn.
Sofern der Architekt entweder dieser Auskunftspflicht nicht nachkommt oder aber sogar zusätzliche Aufträge, Änderungen der geplanten Bauweise oder Nachträge zum Bauvertrag ohne Absprache mit dem Auftraggeber gegenüber den Handwerkern erteilt, haftet er hierfür. Hierdurch entstehende Baumehrkosten sind in Form des Schadensersatzes vom Architekten zu tragen, der Bauherr hat einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem ausführenden Architekten.
Handlungsempfehlung und Praxishinweis
Aus unserer alltäglichen Beratungspraxis können wir als dringende Empfehlung künftigen Bauherren nur anraten, den Architektenvertrag klar und transparent auszugestalten. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Formulierung der Vertragsklauseln an. Hinsichtlich der anzusetzenden Baukosten sollte vermieden werden, eine Formulierung wie „die Baukosten belaufen sich voraussichtlich geschätzt ca. auf € ….“.
Verwenden Sie als Bauherr klare Angaben hinsichtlich des zu erbringenden Bau-Soll‘s. Definieren Sie eine klare Baukostenobergrenze innerhalb des Architektenvertrages. Verdeutlichen Sie hinsichtlich der anzusetzenden Baukosten, dass es sich hierbei um eine klare Obergrenze sowie einen Maximalbetrag handelt.
Vermeiden Sie unklare oder auslegungsfähige Formulierungen innerhalb der vertraglichen Grundlagen, damit es zum späteren Zeitpunkt nicht zu Ungereimtheiten während der Bauausführung kommt.