Jan 26, 2023 | Privates Baurecht

Insolvenz Baufirma

Der Dienstleistungsnehmer und Bauherr ist auf die Leistungsfähigkeit der beauftragten Baufirma zwecks Umsetzung des Bauvorhabens angewiesen. Was aber, wenn das Bauunternehmen während des Vertragsverhältnisses leistungsunfähig wird und das Bauvorhaben ins Stocken gerät, also der Bauunternehmer buchstäblich pleite ist?
Wenn Unternehmen einen Insolvenzgrund aufweisen, kann durch einen Gläubiger oder das Unternehmen selbst ein Insolvenzantrag gestellt werden. Gründe für den Antrag können gem. der §§ 17 ff. Insolvenzordnung Überschuldung, Zahlungs- beziehungsweise Leistungsunfähigkeit sowie bereits der Zustand sein, dass sich eine Leistungsunfähigkeit androht. Anders als bei der Einzelvollstreckung zielt das Insolvenzverfahren auf die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger, also all derjenigen ab, die bei eintretender Insolvenz eine Forderung anmelden.
Wie Sie den Vertragsschluss mit einer insolventen Firma bestenfalls vermeiden und was Sie tun können, wenn Ihr Vertragspartner insolvent ist, erfahren Sie hier.

Der Pleite vorbeugen: Solvente Bauunternehmen finden

Stehen Sie noch ganz am Anfang Ihrer Planung lohnt es sich bei der Auswahl der Baufirmen genauer hinzusehen. Wenn Sie über einen Vertragsschluss mit einer Baufirma nachdenken, sollten Sie das Unternehmen selbst stets genauer unter die Lupe nehmen. Wie lange ist das Unternehmen bereits in der jeweiligen Branche tätig? Ist der Firmenname innerhalb der Ortschaft oder gar überregional bekannt? Womit konkret wirbt die Baufirma? Informationen zu diesen Fragen bekommen Sie innerhalb der direkten Kommunikation mit dem jeweiligen Ansprechpartner. Auf diese Art und Weise lässt sich auch herausfinden, ob das Unternehmen bereitwillig Auskunft erteilt, was Ihnen ebenfalls einen Eindruck von der Verlässlichkeit der Baufirma verschafft.
Eine weitere wichtige Informationsquelle ist der Internetauftritt des Unternehmens. Wirkt dieser professionell? Werden Musterobjekte ausgestellt? Bauherren können neben der Internetpräsenz des Bauunternehmens externe Plattformen nutzen, um Erfahrungen und Bewertungen von bisherigen Kunden zu erfahren. Fallen Ihnen Negativbewertungen auf? Sprechen Sie Ihren Ansprechpartner konkret darauf an und zögern Sie nicht, gegebenenfalls von der Beauftragung der Baufirma Abstand zu nehmen.
Ein kleiner Tipp: Laufende Insolvenzverfahren sind für Jedermann / Jederfrau online unter: www.insolvenzbekanntmachungen.de einsehbar.

Eine androhende Insolvenz der Baufirma erkennen

Da die Insolvenzgründe im Gesetz klar formuliert sind, können Anzeichen für Zahlungsunfähigkeit und eine eventuelle Überschuldung möglicherweise schon zu Beginn oder während der Bauphase auffallen. Bauherren sollten aufmerksam werden, wenn die Firma ihre Kommunikation mit dem Kunden verringert und die Erreichbarkeit abnimmt. Ein eindeutiges Anzeichen kann das häufige Verschieben beziehungsweise Absagen von Terminen sein, ebenso wie eine augenscheinlich falsche Aussage, benötigtes Material sei nicht verfügbar. Natürlich können Lieferschwierigkeiten in allen Bereichen der Baubranche auftreten. Es lohnt sich jedoch, bezüglich solcher Angaben selbst zu recherchieren, ob Engpässe auf dem Markt angenommen werden müssen.
Kommt die Baufirma ihren Verbindlichkeiten gegenüber Dritten nicht nach, kann es vorkommen, dass diese direkt an die Kunden des potenziell insolventen Bauunternehmens herantreten. Dritte sind in diesem Kontext beispielsweise Zulieferer oder Dienstleister, welche Bauhandlungen vornehmen, die durch das Leistungsspektrum Ihrer Baufirma nicht gedeckt sind. Ein Herantreten eines solchen Dritten ist als eindeutiger Versuch des externen Unternehmens zu werten, eigene Forderungen einzutreiben, welche offenbar durch den unmittelbaren Schuldner, die Baufirma, nicht beglichen werden. Nehmen Sie keine vorschnellen Zahlungen vor und prüfen Sie genau welcher Absender die Rechnung zugestellt hat und welche Leistungen abgerechnet werden sollen.
Seien Sie insbesondere zurückhaltend, wenn Preisvorstellungen der Baufirma plötzlich stark von früheren Kostenvoranschlägen oder Vereinbarungen abweichen.

Bauunternehmen insolvent – Was ist zu tun?

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis der Firmeninhaber auf den Insolvenzverwalter über. Bei diesem handelt es sich zumeist um einen Wirtschaftsjuristen, welcher für das weitere Vorgehen bezüglich des Unternehmens die Verantwortung übernimmt.
Stellen Sie zunächst alle Zahlungen an das Unternehmen ein. Eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat nicht zwingend den Untergang des Unternehmens zur Folge. Gelegentlich kommt auch eine Sanierung des Unternehmens in Frage. Dies ist auch der Grund, weshalb der Insolvenzverwalter vermutlich eher am Bestand von Vertragsverhältnissen festhält, als diese zu beenden. Zwar kann einem Vertragspartner gemäß § 626 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Pflichtverletzung des Unternehmens zustehen, von einer vorschnellen Beendigung des Vertragsverhältnisses bei Insolvenz der Baufirma sollten Sie aber dennoch zunächst absehen. Eine Beauftragung einer anderen Baufirma birgt das Risiko, dass Sie doppelt in Anspruch genommen werden.
Wenn Sie erfahren, dass Ihr Vertragspartner insolvent ist, macht es Sinn einen Sachverständigen hinzuzuziehen, welcher den Zustand des Bauobjektes zum jeweiligen Zeitpunkt (= Bautenstand) in fachmännischer Weise dokumentiert. Ein solches Sachverständigengutachten ist ein geeignetes Mittel, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Nachweise für Vergütungen oder Leistungsabgrenzungen von Drittunternehmern erbracht werden müssen. Ansprechpartner der Bauherren ist der Insolvenzverwalter. Um die eigenen Interessen bestmöglich vertreten zu können kann es sinnvoll und ratsam sein, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Dieser kann abgestimmt auf Ihre Interessen fachkundig in die Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter einsteigen.
Eines lässt sich auch bei guter Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter nicht vermeiden: Ihre Baustelle steht still. Versuchen Sie in dieser Phase die Ruhe zu bewahren. Auch hierbei kann Ihnen ein Rechtsanwalt zur Seite stehen.

Insolvenz Bauträger – Wem gehört der Rohbau?

Haben Sie ein Bauunternehmen für den Bau Ihres Hauses auf dem eigenen Grundstück beauftragt, wird die Insolenz Ihre Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück nicht beeinträchtigen. Der bis zur Insolvenz entstandene Rohbau gilt im Sinne von §94 des Bürgerlichen Gesetzbuches als Zubehör des Grundstücks und steht somit zusammen mit dem Grundstück in Ihrem Eigentum.
Anders gestaltet sich die Sachlage, wenn Sie in Form des Bauträgermodells bauen. In diesem Fall steht das Grundstück und damit auch das Zubehör, der Rohbau, bis zur Zahlung der letzten Rate im Eigentum des Bauträgers.

Wie schützt man sich vor einer Insolvenz der Baufirma?

Mit der richtigen Absicherung fällt die Phase des Bauens leichter. Die richtige Absicherung schützt Sie nicht vor einer möglichen Insolvenz des Bauunternehmens, gibt Ihnen aber ein Gefühl der Sicherheit und bewahrt Sie im Zweifel davor, dass Ihr Traum vom Eigenheim zum Alptraum wird.
Vor Vertragsschluss sollten Sie sich daher über eine geeignete Absicherung im Falle einer Insolvenz der Baufirma informieren. In Frage kommt eine Baufertigstellungsversicherung.

Was ist eine Baufertigstellungsversicherung?

Bei einer Baufertigstellungsversicherung sollten Sie auf die umfassende Form der Vertragserfüllungsbürgschaft zurückgreifen. Diese kombiniert die Ausführungs- und die Gewährleistungsbürgschaft. Erstgenannte übernimmt Kosten, welche aufgrund der Insolvenz verursacht werden. Hierunter fallen auch Kosten, die während oder durch den Stillstand ihres Bauvorhabens entstehen können.
Die Gewährleistungsbürgschaft sichert Schäden nach dem Ende der Bauphase ab. Es besteht die Möglichkeit sich dieser Absicherungen isoliert zu bedienen, einen umfassenden Schutz bietet jedoch die Kombination in Form der Vertragserfüllungsbürgschaft.

Insolvenz am Bau – So sollten Bauherren vorgehen

Seien Sie bei der Auswahl der Baufirmen und eines eventuellen Bauträgers genau und nutzen Sie Ihre Informationsmöglichkeiten. Bleiben Sie sensibel für die Anzeichen einer Insolvenz und bewahren Sie dennoch die Ruhe, falls es zu einer Insolvenz kommen sollte. Mit der richtigen Absicherung und der Möglichkeit anwaltlicher Unterstützung sind Sie auch im Falle einer Insolvenz gut beraten.

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

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