Jul 28, 2022 | Privates Baurecht

Werkvertrag: Pauschalierter Schadensersatz bei Vertragsrücktritt

Tagtäglich sind wir umgeben von verlockenden Angeboten, Sparabonnements und kurzfristigen „Sonderaktionen“. Man setzt Verbraucher unter Entscheidungsdruck durch Formulierungen wie „nur noch wenige Tage“, „nur noch für kurze Zeit“, oder „geringer Restbestand – schnell zuschlagen“.

Ziel dabei ist es, den Verbraucher zu einem schnellen Kaufentschluss zu verleiten, um von diesem scheinbar sehr knappen, aber wirtschaftlich unglaublich günstigen Angebot profitieren zu können.
Durch den Hinweis auf einen möglichen Rücktritt vom (Kauf-)Vertrag seitens des Anbieters fühlt sich der Kunde sicher und geht die Vertragsbindung ein. Schließlich geht er davon aus, dass er sich einfach wieder vom Vertrag lösen könne, falls er es sich doch noch anders überlegen sollte.

Das böse Erwachen erfolgt dann später, nämlich bei erklärtem Rücktritt. Der Geschäftspartner informiert dann den Kunden, dass nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar eine Kündigung jederzeit möglich ist, diese allerdings eine Aufwandsentschädigung als Pauschale zur Folge hat.

Im Werkvertragsrecht ist bereits gesetzlich vorgesehen, dass der Bauherr jederzeit den Vertrag kündigen kann, er allerdings im Falle der Kündigung verpflichtet ist, dem Unternehmer (Handwerker etc.) seinen entgangenen Gewinn zu bezahlen hat.

Nach der Rechtsstellung des Bundesgerichtshofes ist klar, dass dies auch zum Beispiel für den Abschluss eines Fertighausvertrages gilt. Hier ist vom BGH anerkannt, dass sich ein pauschaler Ersatz für entgangenen Gewinn etc. in einer Größe von ca. 5 % bis 10 % der Nettovertragssumme bewegen kann. Erst bei Überschreiten dieser Grenze kann nach der Rechtsprechung des BGH daran gedacht werden, von einer „überhöhten Vergütung der Vertragsabwicklung“ auszugehen. Dies hätte zur Folge, dass die fragliche Bestimmung des Werkvertrages unwirksam wäre.

Pauschalierter Schadensersatz wird jedoch nicht nur bei Werkverträgen geschuldet, sondern beispielsweise auch in KFZ-Kaufverträgen, sofern dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers enthalten ist. In diesen Fällen hat der BGH anerkannt, dass Verkäufer eine Pauschale von 10 % des Nettokaufpreises (also ohne Umsatzsteuer) fordern können. Erst bei Überschreiten dieses Betrages wäre daran zu denken, von einer Vertragsklausel auszugehen, die nach den Bestimmungen des BGB über AGB unwirksam wäre. Vorausgesetzt wird allerdings, dass dem Käufer die Möglichkeit eingeräumt wird, einen geringeren Schaden auf Seiten des Verkäufers nachzuweisen.

Generell kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Rücktrittsrecht des Käufers vereinbart werden, welches allerdings zu einem pauschalen Schadensersatzanspruch des Verkäufers führt.

Achtung: Wichtig ist die Unterscheidung des Rücktrittsrechts vom sogenannten Widerrufsrecht!

Ein solches Widerrufsrecht steht einem Verbraucher zu, wenn er zum Beispiel nach den Bestimmungen des Fernabsatzgesetzes (also über das Internet) etwas gekauft hat. In diesen Fällen ist ihm gesetzlich ein Widerrufsrecht von 14 Tagen eingeräumt, welches der Käufer/Verbraucher „sanktionslos“ ausüben kann. In diesen Fällen darf der Verkäufer keine Forderungen gegen den Käufer richten.

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

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