Muss der Bauvertrag notariell beurkundet werden?
Bauvertrag notarielle Beurkundung: Grundsätzlich unterliegen lediglich Kaufverträge über Immobilien und Grundstücke der Pflicht, nach § 311 b BGB notariell beurkundet zu werden. Auch der Bauträgervertrag, mit dem sich der Bauunternehmer zum einen verpflichtet, Bauleistungen zu erbringen und zum anderen das Eigentum am Grundstück auf den Käufer zu übertragen, unterliegen ebenfalls der notariellen Beurkundungspflicht.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass der Verkäufer eines Grundstücks dieses an den Käufer verkauft und der Käufer einen Bauvertrag zur Bebauung dieses Grundstücks abschließt. Für den Fall, dass diese beiden Verträge völlig losgelöst voneinander bestehen und der Kaufvertrag in keinem Zusammenhang zum Bauvertrag steht, unterliegt lediglich der Kaufvertrag der Beurkundungspflicht. Der Bauvertrag muss in diesem Fall nicht notariell beurkundet werden.
Anders verhält es sich, wenn beide Verträge nebeneinander bestehen und eine Verbundenheit angenommen werden kann. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Bauunternehmer (Bauvertrag) und dem Veräußerer des Grundstücks (Verkäufer) eine wirtschaftliche oder personelle Verflechtung besteht.
In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Ulm haben wir Anfang des Jahres 2023 als Rechtsanwaltskanzlei Streich und Kollegen einen Rechtsstreit geführt, bei dem wir unsere Mandantschaft dabei unterstützt haben, eine bereits entrichtete Vorauszahlung an den Bauunternehmer in Höhe von knapp € 50.000,00 zurückzuerhalten. Zur Durchsetzung des Anspruchs haben wir argumentiert, dass der Bauvertrag formnichtig ist, da er nicht notariell beurkundet ist. Von der Gegenseite wurde dies bestritten.
Das Landgericht hat zu unseren Gunsten entschieden und den Bauunternehmer verurteilt, die eingeforderte Summe an unsere Mandantschaft als Auftraggeber zurück zu bezahlen. In der Begründung des Urteils führt das Gericht aus, dass sowohl der Verkäufer als auch der Bauunternehmer selbst einen Verknüpfungswillen hinsichtlich beider Rechtsgeschäfte haben und beide Verträge daher derart miteinander verknüpft sind, dass der eine Vertrag mit dem anderen stehen und fallen soll.
Ausdrücklich nicht maßgeblich für eine Formbedürftigkeit des weiteren Vertrages ist zum einen die zeitliche Abhängigkeit beider Verträge und zum anderen die Frage, ob die Vertragsparteien in beiden Verträgen identisch sind. Hierauf kommt es nicht an, BGH Urteil vom 22.07.2010 VII ZR 246/08.
Die rechtliche Folge der nicht beachteten aber erforderlichen notariellen Beurkundung ist die Nichtigkeit beider Verträge.
Praxishinweis:
Bauvertrag notarielle Beurkundung: Der notarielle Formzwang der Beurkundung besteht nicht nur für Bauverträge, die in direktem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag stehen, sondern gilt ebenso für Mietverträge oder weitere vertragliche Vereinbarungen, die mit dem Grundstückskaufvertrag derart verknüpft sind, dass die Verträge eine Einheit bilden. Als maßgebliches Kriterium sieht der BGH den Umstand, dass das Grundstücksgeschäft von dem weiteren Geschäft abhängen soll, BGH Urteil vom 12.02.2009 VII ZR 230/07.
Quelle:
https://arge-baurecht.com/baurecht-wissen/expertentipps/artikel/bauvertraege-beurkunden